News 13. 02. 2002

Schwere Verstimmung zwischen Moskauer Patriarchat und Vatikan

Die Errichtung von vier römisch-katholischen Diözesen in Russland durch Papst Johannes Paul II. hat zu einer "Eiszeit" in den Beziehungen zwischen der orthodoxen Landeskirche und dem Vatikan geführt.

In einer Erklärung des Moskauer Patriarchen Alexi II. und des Heiligen Synods der russisch-orthodoxen Kirche heißt es am Mittwoch, dass die Vorgangsweise Roms die Fähigkeit des christlichen Westens und des christlichen Ostens, "als zwei große Zivilisationen um des Wohlergehens Europas und des Friedens willen zusammenzuwirken, in Gefahr gebracht" habe.

Auch russische Regierung bedauert Schritt des Vatikan

Auch die russische Regierung hat den Schritt des Papstes kritisiert. Es sei bedauerlich, dass eine so wichtige Entscheidung "ohne die gebührende Berücksichtigung der Meinung der russischen Seite getroffen wurde". Das Handeln des Vatikans berge das Risiko

"ernsthafter Komplikationen" zwischen dem Heiligen Stuhl und der russisch-orthodoxen Kirche, erklärte die Regierung in Moskau.

Rom enthüllt "missionarische Absichten"

Die Entscheidung Roms enthülle erneut die "missionarischen Absichten" der katholischen Kirche unter den orthodoxen Gläubigen Russlands. Damit werde bestätigt, was das Moskauer Patriarchat in den vergangenen Jahren immer wieder festgestellt habe: Die römisch-katholische Kirche betreibe in Russland "Proselytismus" (Abwerbung von Gläubigen). Dies sei ein wesentliches Hindernis für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden Kirchen, erklärte der Heilige Synod. 

Kurienkardinal Walter Kasper ausgeladen.

Der Präsident des päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper, wurde ausgeladen. Er hätte am 21. Februar nach Moskau reisen sollen. Der Leiter des Außenamts des Patriarchats, Metropolit Kyrill von Smolensk, erklärte, es gebe derzeit "nichts, über das wir sprechen könnten".

Im Jänner hatte Patriarch Alexi II. erklärt, der Vatikan setze die Proselytenmacherei in Russland, der Ukraine und Weißrussland fort und "versucht immer noch, Menschen zu bekehren, die entweder in der russisch-orthodoxen Kirche getauft worden sind, oder deren Glaube in der russisch-orthodoxen Kirche wurzelt".

Vergebungsbitte war "unzureichend"

Der Moskauer Patriarch hatte die vom Papst im Vorjahr in der Ukraine formulierte Vergebungsbitte als unzureichend bezeichnet. Johannes Paul II. hatte bei seinem Besuch in Kiew im Juni die Orthodoxie um Vergebung für Fehler und Irrtümer der Vergangenheit

und Gegenwart gebeten. Die Orthodoxen werfen den seit 1989 wieder zugelassenen unierten (griechisch-katholischen) Gemeinden in der Ukraine vor, Kirchengebäude zu besetzen, und beschuldigen Rom der Proselytenmacherei.

Kirchengipfel 1997 gescheitert

Am Streitpunkt des Proselytismus war 1997 ein "Kirchengipfel" gescheitert, der in Österreich hätte stattfinden sollen. Die russisch-orthodoxe Kirche machte damals ein Treffen des Moskauer Patriarchen mit dem Papst im niederösterreichischen Zisterzienserstift Heiligenkreuz von einer gemeinsamen Erklärung gegen den Proselytismus abhängig, der sich der Vatikan jedoch verweigerte. Zudem fühlte sich der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, das Oberhaupt der Weltorthodoxie, durch vatikanische Versuche brüskiert, ihn von dem Treffen auszuschließen.

 

 

 

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