News 29.  03. 2002

Kirche braucht Rituale

Eine "neue Ritenkultur" wäre notwendig, um kirchlich wenig oder gar nicht gebundenen Menschen wieder Zugänge zum Glauben bzw. zur Kirche zu eröffnen.

Die Kirche brauche große "Offenheit, Sensibilität und Gastfreundschaft" für alle Menschen, die religiösen Beistand oder rituelle Begleitung an wichtigen Stationen des Lebens - Geburt, Heirat, Tod – suchen. Riten sollten auch kirchlich wenig oder gar nicht gebundenen Menschen wieder Zugänge zum Glauben bzw. zur Kirche eröffnen. Das meint der Wiener Religionssoziologe Paul Zulehner bei einem Symposium zum Thema "neue Ritenkultur", das von der katholisch-

theologischen Fakultät der Universität Wien und der Abteilung Religion im ORF-Radio veranstaltet wurde.

Sorge um kirchliche Identität

Kritiker einer neuen Ritenkultur befürchten, dass dabei die kirchliche "Identität" der Riten und Sakramente, ihre wesentlichen christlichen Botschaften und Bezugspunkte, verloren gehen könnte.

Zuneigung Gottes erfahrbar machen

Bei der Frage, ob man Menschen zu Sakramenten und anderen kirchlichen Riten "zulässt" oder nicht, müsse immer im Bewusstsein bleiben, dass "der erste Handelnde immer Gott ist, nicht der Mensch". Die Kirche habe die Aufgabe, im Ritual den suchenden Menschen "die Zuneigung Gottes erfahrbar zu machen", so Zulehner.

"Feier"-Ausbildung

Priester und andere führende Mitarbeiter in den Pfarrgemeinden müssten nicht nur darin geschult werden, eine Gemeinde zu leiten, sondern auch dafür, Riten entsprechend zu "inszenieren" - eine Kunst, die in der Tradition als "ars celebrandi" bezeichnet wird, so Zulehner.

Gegen Kathechetisierung der Liturgie

Zur Sorge, dass die Riten und Sakra- mente von jenen, die nur sehr diffuse Vorstellungen von Glaube und Kirche haben, nicht richtig verstanden werden könnten, meinte der Würzburger Liturgiewissenschafter Winfried Haunerland, hochkirchlich-theologische Sinnbestimmung der sakramentalen Liturgie und populäres Verständnis der Ritualvollzüge seien vermutlich nie deckungsgleich gewesen. Haunerland warnte vor einer "Pädagogisierung und Katechetisierung" der Liturgie. Wer eine Liturgie mit Erklärungen darüber überlade, was hier geschieht, zerstöre das Ritual.

Mehr Pflege der Rituale

Der Osnabrücker Pastoraltheologe Dieter Emeis plädierte dafür, die Vielfalt der Riten und Sakramentalien, die die katholische Kirche außerhalb der sieben Sakramente auch kennt, mehr zu pflegen. Damit könne man in manchen Fällen Menschen kirchlich begleiten. Zudem sollte man den einzelnen Menschen erkennen helfen, welche rituelle Handlung für sie die "richtige, aufrichtige und authentische" ist.

Nicht gegen Herzen der Menschen

Die Theologin Veronika Prüller-

Jagenteufel meinte, gerade in feministischen Kreisen würden auch kirchliche Riten positiv weiter entwickelt. Sie warnte vor einer Spaltung in eine rituelle "Hochkultur" und eine für "Unverständige". Man könne Liturgie und Riten nicht gegen die "Herzen" der Menschen und ihre Bräuche gestalten, sondern die Kirche müsse sie aufgreifen und einbeziehen.

 

 

 
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