Entlassung von Priestern bereits nach erstem Kindesmissbrauch ?
Außerdem sollen "Überwachungs-
Kommissionen" aus Priestern, Laien und Angehörigen von Opfern gebildet
werden, hieß es inoffiziell am Rande des Krisengipfels im Vatikan.
Auf ihrem "Krisengipfel" im Vatikan werden die
US-amerikanischen Bischöfe nach Angaben aus Teilnehmerkreisen
voraussichtlich die Entlassung eines jeden Priesters beschließen, der sich
Kindesmissbrauch zu Schulden kommen lässt. Das würde dann auch für
Ersttäter gelten, sagte der Washingtoner Kardinal Theodore McCarrick am
Rande der Konferenz.
Papst-Wort ist "Arbeitsgrundlage"
"Wenn der Heilige Vater einmal sagt, es sei kein Platz im
Priesteramt für jemanden, der Kindern Leid zufügt, dann ist das die
Arbeitsgrundlage", sagte der Kardinal. Auf die Frage, ob eine
Entlassung auch Ersttäter treffen würde, sagte McCarrick: "Das glaube
ich."
"Überwachungskommissionen"
Nach einer Serie von Skandalen will die römisch-katholische Kirche in
den USA mit "Überwachungs-Kommissionen" gegen sexuellen
Kindesmissbrauch durch Priester vorgehen. Das verlautete am Mittwoch
inoffiziell aus einer Krisensitzung der US-amerikanischen Kardinäle mit dem
Papst.
Entscheidung nur im Einzelfall
Den Kommissionen sollen Priester, Laien und Angehörige von Opfern
angehören. Sie seien in jeder Diözese zu bilden. Das italienische
Fernsehen berichtete weiter, die Gremien müssten jeweils von Fall zu Fall
entscheiden, wie gegen schuldige Priester vorgegangen werden solle.
Treffen hinter verschlossenen Türen
Papst Johannes Paul II. hatte zu Beginn der zweitägigen Krisensitzung am
Dienstag schärfstes Vorgehen gegen pädophile Geistliche verlangt.
Offizielle Ergebnisse der Beratungen wurden erst am Mittwochabend erwartet.
Das Treffen findet hinter verschlossen Türen statt.
"Null-Toleranz" gegenüber Pädophilen
In Kreisen der in Rom anwesenden US-Kardinäle hieß es, man sei
entschlossen, Kindesmissbrauch mit "Null-Toleranz" zu begegnen.
Amerikanische Medien berichteten, bei dem "Krisengipfel" sei auch
die Ehelosigkeit für Priester (Zölibat) zur Sprache gekommen und die
Frage, ob Homosexuelle für das Priesteramt geeignet sind. Der Papst hatte
allerdings bereits klargestellt, am Zölibat dürfe nicht gerüttelt werden.
Kardinal Laws Zukunft ungewiss
Ungewiss scheint die Zukunft des Erzbischofs von Boston, Kardinal Bernard
Francis Law, der im Zentrum des Skandals steht und über Jahre hinweg Fälle
von Kindermissbrauch vertuscht haben soll. Zwar habe der 70-jährige
Geistliche Schuld eingeräumt, sich aber nicht zu Rücktrittsforderungen
geäußert. In Vatikan-Kreisen hieß es, vermutlich wolle der Papst in einem
Gespräch mit dem Kardinal eine Lösung finden.
Schwerer Schaden für die Kirche
Nach einer Protestwelle amerikanischer Katholiken stehen die Kardinäle
des Landes unter erheblichem Druck. Allein in der Diözese Boston liegen
derzeit 400 Beschwerden über derartige Übergriffe vor. Die Bischöfe
befürchten schweren Schaden für die Kirche. Auch aus Deutschland, Polen
und anderen europäischen Ländern wurden in den vergangenen Monaten
ähnliche Fälle gemeldet.
"Homosexuelle Atmosphäre" in den Seminaren
Wie in Rom weiter verlautete, lehnen die Kirchenführer es offenbar ab,
Priester bereits nach einem ersten Vergehen an Kindern des Amtes zu
entheben. Vor allem die Priesterausbildung und die Jugendarbeit müssten
künftig schärfer überwacht werden, hieß es. Der Präsident der
amerikanischen Bischofskonferenz, Wilton Gregory, beklagte außerdem, in
vielen Priesterseminaren herrsche eine "homosexuelle Atmosphäre".
Die halte junge Leute davon ab, eine Priesterausbildung zu beginnen.
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