US-Bischöfe suchen Wege aus dem Missbrauchs-Skandal
Die Vollversammlung der römisch-katholischen Bischöfe berät in Dallas
(Texas) über nationale Rahmenrichtlinien für Umgang mit sexuellem
Missbrauch durch Priester und kirchliche Mitarbeiter.
Begleitet von großem internationalen Medieninteresse beginnt an
Donnerstag, 13. Juni, im texanischen Dallas die Frühjahrsvollversammlung
der katholischen Bischöfe in den USA. Wichtigster Tagesordnungspunkt ist
das Verhalten der Kirche gegenüber Priestern, die sich des sexuellen
Missbrauchs von Minderjährigen schuldig gemacht haben.
"Altfälle" und "Ephebophilie"
Den Bischöfen liegt ein Entwurf für nationale Rahmenrichtlinien vor,
nach denen künftig jeder derartige Fall zur Suspendierung und
Zwangslaisierung des Täters führen soll. Umstritten ist nach Angaben der
katholischen Nachrichtenagentur "Kathpress" unter den Bischöfen
der Umgang mit so genannten "Altfällen" und mit Fällen von
"Ephebophilie" – der "Hinneigung" zu Jugendlichen
zwischen 16 und 18.
Mehrere Demonstrationen angekündigt
Mehr als 750 Medienleute haben sich akkreditiert, um über die
dreitägige Konferenz zu berichten, die im Hotel "Fairmont" in
Dallas stattfindet. Neben den Medienvertretern sind auch gleich mehrere
Demonstrationen angekündigt. Konservative Vereinigungen, die gegen ein
befürchtetes Aufweichen der Anforderungen an die persönliche Heiligkeit
von Priestern protestieren wollen, sind ebenso darunter wie Gruppen
katholischer Homosexueller. Sie wollen in Dallas vor einer
"Hexenjagd" gegen alle gleichgeschlechtlich veranlagten Kleriker
warnen.
Treffen mit Opfervereinigung?
Bis zuletzt offen blieb die Frage, ob auch Mitglieder der
Opfer-Vereinigung "SNAP", in der sich Opfer priesterlichen
Sexualmissbrauchs aus allen Teilen der USA zusammengeschlossen haben, zu dem
Treffen eingeladen würden. Eine Beteiligung der SNAP an einer Sammelklage
gegen die Bischofskonferenz hatte die geplante Begegnung zwischen Bischöfen
und Opfern in Frage gestellt, kurz vor Beginn der Tagung hieß es dann, es
werde doch noch zu einem solchen Treffen kommen.
Symbolische Verbundenheit mit den Gemeinden
Ein symbolischer Akt ist die Bitte an die Pfarrgemeinden überall in den
USA, die Versammlung der Bischöfe mit Fürbittgottesdiensten zu begleiten.
Die Botschaft dabei ist klar: Die Herde soll sich in der Zeit der Prüfung
um ihre bedrängten Hirten scharen, damit die Krise des Misstrauens, die
durch die Verfehlungen einzelner Kleriker ausgelöst wurde, in ein neues
Zusammengehörigkeitsgefühl der Kirche münden kann.
Künftig "null Toleranz"
Über das Symbolische hinaus geht es jedoch in Dallas in erster Linie um
handfeste kirchenpolitische und auch kirchenrechtliche Entscheidungen. Der
Krisengipfel der 13 US-Kardinäle mit Papst und Kurie in Rom am 23. und 24.
April hatte den Bischöfen Leitlinien an die Hand gegeben, auf deren
Grundlage sie nun ein nationales Regelwerk zum Umgang mit Geistlichen
erstellen sollen, die des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen
überführt werden.
Sofortige "Zwangs-Laiisierung"
Den Bischöfen liegt ein Entwurf vor, wonach jeder künftige Fehltritt
eines Geistlichen auf diesem Gebiet zur Zwangslaisierung führen soll.
Weniger hart soll das Vorgehen bei Priestern sein, die vor langer Zeit
sexuellen Missbrauch begangen haben und die von Psychologen nicht als
pädophil eingestuft werden. Hier sollen Kommissionen von Fall zu Fall über
das Vorgehen entscheiden.
Mediales Trommelfeuer
Mit diesen Leitlinien, die in Dallas möglicherweise nochmals verschärft
werden könnten, will die katholische Kirche in den USA nach einem
sechsmonatigen Medien-Trommelfeuer mit immer neuen Enthüllungen endlich
wieder die Initiative zurück gewinnen. In den vergangenen fünf Monaten
sind von den 48.000 katholischen Geistlichen in den USA mehr als 200 nach
Missbrauchs-Anschuldigungen suspendiert worden, auch vier Bischöfe mussten
zurücktreten.
Katholiken größte Konfession der USA
Die römisch-katholische Kirche ist in den USA mit derzeit 63,7 Millionen
Gläubigen die größte christliche Konfession des Landes; fast jeder vierte
Amerikaner ist Katholik. Die anfangs unbedeutende Minderheitenkirche wuchs
im 19. Jahrhundert durch Einwanderer vor allem aus Irland, Deutschland,
Italien und Polen kräftig an.
Reichsten Diözesen der Welt
Mit 191 Diözesen und knapp 400 Bischöfen ist die US-Bischofskonferenz
nach der italienischen und der brasilianischen die drittgrößte der
katholischen Weltkirche. Die Diözesen finanzieren sich ausschließlich
durch Spenden, dennoch zählen einige von ihnen zu den vermögendsten der
Erde.