Dorothee
Sölle gestorben
Die
deutsche evangelische Theologin Dorothee Sölle ist Sonntag früh in einem
Krankenhaus im baden-württembergischen Göppingen gestorben. Sölle erlag
einem Herzinfarkt.
Die
Theologin hatte in Bad Boll als Hauptreferentin an einem Seminar zum Thema
"Gott und das Glück" teilgenommen. In der Nacht zum Sonntag habe
ihr Mann den Notarzt gerufen, weil seine Frau Herzprobleme bekam. Die 73-Jährige
hatte vor einiger Zeit bereits einen ersten Herzinfarkt gehabt, von dem sie
sich aber gut erholt hatte. Sölle war Theologin, Friedensaktivistin, Feministin und Autorin zahlreicher Bücher.
Scharfe Kritik an Bush
Scharfe
Kritik hatte Sölle am Irak-Krieg und an US-Präsident George W. Bush geübt.
Der "Fundamentalismus" des Präsidenten sei eine krankhafte Form,
wie es sie auch im Islam gebe, sagte die protestantische Theologin Anfang
April in einem Interview. Obwohl sich Bush nicht islamfeindlich äußere,
bestehe die Gefahr, dass seine Aussagen so interpretiert werden, betonte die
Theologin damals. Immer mehr Menschen hielten Krieg für ein
Menschheitsverbrechen und die Rede vom Präventivkrieg sei eine "völlig
veraltete und falsche Formel", so Sölle.
Aufbruch
Die
Anti-Kriegs-Demonstrationen hatte Sölle als Aufbruch der jungen Generation
begrüßt. Auch die vielen jungen Globalisierungs-Gegner hätten klar
erkannt, wie die "Rechte der Ärmsten durch das Wirtschaftssystem mit Füßen
getreten werden". Ausdrücklich hatte sie das Engagement von Papst
Johannes Paul II. für den Frieden gewürdigt: "Ich finde es herrlich,
wie dieser alte Mann mit seinem Mut, seiner Redlichkeit und Ernsthaftigkeit
die Wahrheit sagt". Das zeige, wie stark das Christentum sei.
"Der
Theologie fehlt Frömmigkeit"
Häufig
hatte sich Sölle kritisch zum Stand heutiger Theologie geäußert. Es gebe
eine starke Verwissenschaftlichung an den Universitäten; Studierende würden
nicht mehr zu Seelsorgern, Zuhörern und Nachdenklichen ausgebildet. Sölle
meinte, der Theologie würde eine wichtige Dimension von Sprache fehlen. Sie
sei nicht mehr mit Frömmigkeit gepaart.
Gebet
führe zum Handeln
Der
Aufruf zum Gebet angesichts des Irak-Krieges war für die Protestantin kein
Akt der Resignation: "Wenn das Gebet ernst ist, dann führt es auch zum
Handeln. Wenn es Geschwätz ist, dann ist es eben Geschwätz. Das Beten ist
eine Stärkung der Gemeinsamkeit der Christen, auch mit denen in den USA -
das wird in diesen Wochen einmal wieder sehr deutlich", so Sölle wörtlich.
Ökumenisch, feministisch,
mystisch
Die
evangelische Theologin versuchte auch, Perspektiven des Christseins für das
dritte Jahrtausend zu entwerfen: dieses müsste ökumenisch, feministisch
und mystisch sein. Sölle verstand sich als "Mutmacherin für Frauen
und Männer, die nach neuen religiösen und weltverantwortlichen Wegen
suchen, die neue Worte für 'Gott' finden wollen".
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