News 27. 04. 2003

Dorothee Sölle gestorben

Die deutsche evangelische Theologin Dorothee Sölle ist Sonntag früh in einem Krankenhaus im baden-württembergischen Göppingen gestorben. Sölle erlag einem Herzinfarkt.

Die Theologin hatte in Bad Boll als Hauptreferentin an einem Seminar zum Thema "Gott und das Glück" teilgenommen. In der Nacht zum Sonntag habe ihr Mann den Notarzt gerufen, weil seine Frau Herzprobleme bekam. Die 73-Jährige hatte vor einiger Zeit bereits einen ersten Herzinfarkt gehabt, von dem sie sich aber gut erholt hatte. Sölle war Theologin, Friedensaktivistin, Feministin und Autorin zahlreicher Bücher.

Scharfe Kritik an Bush

Scharfe Kritik hatte Sölle am Irak-Krieg und an US-Präsident George W. Bush geübt. Der "Fundamentalismus" des Präsidenten sei eine krankhafte Form, wie es sie auch im Islam gebe, sagte die protestantische Theologin Anfang April in einem Interview. Obwohl sich Bush nicht islamfeindlich äußere, bestehe die Gefahr, dass seine Aussagen so interpretiert werden, betonte die Theologin damals. Immer mehr Menschen hielten Krieg für ein Menschheitsverbrechen und die Rede vom Präventivkrieg sei eine "völlig veraltete und falsche Formel", so Sölle.

Aufbruch

Die Anti-Kriegs-Demonstrationen hatte Sölle als Aufbruch der jungen Generation begrüßt. Auch die vielen jungen Globalisierungs-Gegner hätten klar erkannt, wie die "Rechte der Ärmsten durch das Wirtschaftssystem mit Füßen getreten werden". Ausdrücklich hatte sie das Engagement von Papst Johannes Paul II. für den Frieden gewürdigt: "Ich finde es herrlich, wie dieser alte Mann mit seinem Mut, seiner Redlichkeit und Ernsthaftigkeit die Wahrheit sagt". Das zeige, wie stark das Christentum sei.

"Der Theologie fehlt Frömmigkeit"

Häufig hatte sich Sölle kritisch zum Stand heutiger Theologie geäußert. Es gebe eine starke Verwissenschaftlichung an den Universitäten; Studierende würden nicht mehr zu Seelsorgern, Zuhörern und Nachdenklichen ausgebildet. Sölle meinte, der Theologie würde eine wichtige Dimension von Sprache fehlen. Sie sei nicht mehr mit Frömmigkeit gepaart.

Gebet führe zum Handeln

Der Aufruf zum Gebet angesichts des Irak-Krieges war für die Protestantin kein Akt der Resignation: "Wenn das Gebet ernst ist, dann führt es auch zum Handeln. Wenn es Geschwätz ist, dann ist es eben Geschwätz. Das Beten ist eine Stärkung der Gemeinsamkeit der Christen, auch mit denen in den USA - das wird in diesen Wochen einmal wieder sehr deutlich", so Sölle wörtlich.

Ökumenisch, feministisch, mystisch

Die evangelische Theologin versuchte auch, Perspektiven des Christseins für das dritte Jahrtausend zu entwerfen: dieses müsste ökumenisch, feministisch und mystisch sein. Sölle verstand sich als "Mutmacherin für Frauen und Männer, die nach neuen religiösen und weltverantwortlichen Wegen suchen, die neue Worte für 'Gott' finden wollen".

 

 

 

 
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