News 21. 05. 2003

Ökumene-Diplomat Raiser hofft auf ein drittes Vatikanisches Konzil

Von Ulrike Koltermann, dpa

 

 

Für Konrad Raiser ist der erste Ökumenische Kirchentag in doppelter Hinsicht spannend. Zum einen hält er als Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (Genf) einen der Hauptvorträge zum Thema Ökumene. Zum anderen erlebt er die christliche Großveranstaltung in Berlin (28.5.-1.6.) als "Mann von", nämlich als Ehemann der Co- Präsidentin des Kirchentages, Elisabeth Raiser. "Der gemeinsame Kirchentag wird uns bewusst machen, dass es nach wie vor große Unterschiede zwischen der katholischen und der protestantischen Kultur gibt", sagt der deutsche Theologe.

 

Schon bei der Vorbereitung seien die Differenzen offensichtlich geworden. "Der Katholikentag war bisher vor allem eine Selbstdarstellung des Verbandskatholizismus, der evangelische Kirchentag hingegen eine offene Laienveranstaltung", sagt Raiser. Er hoffe aber, dass die geschärfte Selbst- und Fremdwahrnehmung helfe, über die Beziehung zwischen beiden Kirchen künftig anders nachzudenken als bisher. "Auf theologischer Ebene ist nicht mehr viel zu holen", meint er. Eine enge Zusammenarbeit sei vor allem in gesellschaftspolitischen Fragen nötig. "Da hat es in den vergangenen Jahren auch schon erhebliche Fortschritte gegeben", fügt er hinzu.

 

Dass die Diskussion über ein gemeinsames Abendmahl zeitweise in eine Polemik ausartete, stimmt Raiser traurig. "Es gibt an vielen Orten eine stillschweigende Praxis, die Ausdruck gewachsener ökumenischer Gemeinschaft war - wohl wissend, dass es noch nicht die Regel sein konnte." Durch die Zuspitzung des Konfliktes sei diese Praxis nun in Gefahr.

 

Wir müssen uns nicht mehr gegenseitig davon überzeugen, dass es keine theologischen Hindernisse gibt", sagt Raiser. Der Knackpunkt sei die katholische und orthodoxe Auffassung vom Priestertum. "Und diese ist nun mal ein Kernstück der jeweiligen Identität." Durch einen demonstrativen Akt des Ungehorsams leisteten die Basisgruppen der Ökumene einen "Bärendienst".

 

Die jüngste Enzyklika von Papst Johannes Paul II., die das katholische Verständnis der Eucharistie noch einmal auf den Punkt bringt, ist in seinen Augen keine Maßregelung mit Blick auf den Ökumenischen Kirchentag in Berlin. "Es ist ein internes Schreiben über die geistliche Identität des Priestertums", sagt er. Allerdings müsse sich die katholische Kirche bewusst sein, dass sie ihre ökumenischen Partner damit verunsichere.

 

Raiser steht seit elf Jahren an der Spitze des Zusammenschlusses von 340 Kirchen. Die römisch-katholische Kirche ist nicht Mitglied, pflegt aber enge Beziehungen zum Ökumenischen Rat der Kirchen.

 

Während der langen Amtszeit von Johannes Paul II. sei die Ökumene immer mehr in ein strukturelles Dilemma geraten, meint Raiser. Zwar habe der Papst durchaus ökumenisches Engagement bewiesen, beispielsweise als er in der Enzyklika "Ut unum sint" einlud, über die Rolle des Papstamtes neu nachzudenken. Andererseits habe er sehr stark den universalen Charakter der katholischen Kirche betont. "Die Möglichkeiten der katholischen Kirche, im Dialog eine neue Sprache zu entwickeln, sind enger geworden", so formuliert der Ökumene-Diplomat.

 

Der Nachfolger von Johannes Paul II. werde es schwer haben, diese engen Grenzen zu überwinden. Doch eine Möglichkeit sieht Raiser: "Der nächste Papst könnte - wie von Kardinal Carlo Martini vorgeschlagen - ein drittes vatikanisches Konzil einberufen. Dann könnten wir fast 40 Jahre intensiver ökumenischer Dialoge aufarbeiten und aus der Blockadesituation herauskommen."

 

 

Weitere News zum Thema:

 

20. 05. 2003: Ökumenischer Kirchentag Berlin: Noch ein langer Weg zum gemeinsamen Abendmahl

07. 01. 2003: Ökumenischer Kirchentag soll historische Trennungen überwinden

 

Link:

Ökumenischer Kirchentag

 

 

 
Seitenanfang 
weitere News