News 30. 05. 2003

Ökumenischer Kirchentag in Berlin setzt Arbeit fort

Der Ökumenische Kirchentag in Berlin hat am Freitag seine Arbeit fortgesetzt. Einer der Höhepunkte des dritten Tages der Veranstaltung ist die Unterzeichnung der Charta Oecumenica durch Vertreter 16 christlicher Kirchen am Abend. Gestern fand in Berlin ein gemeinsames Abendmahl von Katholiken und Protestanten statt.

Am Donnerstagabend fand im Stadtteil Prenzlauer Berg entgegen dem Willen der katholischen Amtskirche ein ökumenisches Abendmahl statt. Weit mehr als 2.000 Menschen waren in die evangelische Gethsemane-Kirche gekommen, wo der Priester Gottlob Hasenhüttl ein Abendmahl nach katholischem Ritus zelebrierte. Der Andrang zu der Messe war groß. Viele junge Leute und Familien waren gekommen. Einige hundert Gläubige kamen nicht mehr hinein und erlebten den Gottesdienst vor der Tür über Lautsprecher.

Willkürliche Trennung

Der 69-Jährige, ein emeritierter Theologie-Professor der Universität Saarbrücken, erklärte, er habe gegen keine Regeln verstoßen. Die Trennung beim Abendmahl beruhe auf der Willkür einzelner Bischöfe. Trotzdem drohen ihm jetzt Konsequenzen, die bis zur Beurlaubung oder gar zum Ausschluss aus der katholischen Kirche reichen können.   Hasenhüttl mahnte die Christen zur Einheit. "Keiner der Apostel war je getauft, und dennoch feierten sie miteinander", sagte er. Den anderen anders sein zu lassen, ermögliche echte Gemeinschaft. "Wer hingegen ausschließt, schließt sich selbst von der Gemeinschaft Christi aus." Die Eucharistie wolle jede Spaltung aufheben.

Weiteres gemeinsames Abendmahl geplant

Auf die Bitte des Priesters legten die Teilnehmer des Gottesdienstes beim Friedensgruß sich gegenseitig ein orangenes Band als Symbol der Abendmahl-Gemeinschaft um die Schultern. Zum Abschluss drängten sich die Gläubigen, um in der Kirche und auch davor das Abendmahl zu empfangen. Für Samstag ist in der Gethsemane-Kirche ein weiterer Abendmahlsgottesdienst geplant - diesmal in evangelischer Tradition. Die evangelische Kirche lädt Katholiken grundsätzlich zu ihrem Abendmahl ein, aber Rom untersagt den Katholiken die Teilnahme daran.

Kardinal Ratzinger: Gemeinsames Abendmahl "politische Aktion"

Der Präfekt der römischen Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, hat das gemeinsame Abendmahl christlicher Reformgruppen bereits im Voraus scharf verurteilt. Bei einer Firmung in Traunstein sagte Ratzinger am Donnerstag dem Bayerischen Rundfunk, es handle sich bei der Eucharistiefeier um eine "politische Aktion, um etwas zu erreichen in der Kirche". Weiter sagte der enge Vertraute von Papst Johannes Paul II.: "Das Sakrament, die eigentliche heilige Gabe des Herrn, zu einer Durchsetzungsaktion zu gebrauchen, ist meiner Meinung nach im höchsten Grad unangemessen."

Bischof Scheele: Grundlage für gemeinsames Abendmahl fehlt

Auch der Vorsitzende der Kommission für ökumenische Fragen der Deutschen Bischofskonferenz, Paul Werner Scheele, betonte, dass aus katholischer Sicht für ein gemeinsames Abendmahl von Protestanten und Katholiken bisher die Voraussetzungen fehlen. Notwendig sei eine gemeinsame Glaubensgrundlage hierüber, sagte der Würzburger Bischof am Freitagmorgen im DeutschlandRadio Berlin während des ersten Ökumenischen Kirchentages.

Bischof Gaillot: Gemeinsames Abendmahl bringt Ökumene voran

Positiv bewertete hingegen der französische Bischofs Jacques Gaillot die gemeinsame Abendmahlsfeier von Katholiken und Protestanten in Berlin. "Ich empfinde es als eine Wunde, aber es wird uns helfen, weiter zu kommen", sagte der Bischof der virtuellen Diözese Partenia in einem dpa-Gespräch auf dem Ökumenischen Kirchentag in Berlin. Gaillot war wegen seiner progressiven Haltung 1995 vom Vatikan die Diözese Evreux genommen worden. Stattdessen wurde er zum Titularbischof des nicht mehr bestehenden Bistums Partenia ernannt. "Wir sind es, die die Entscheidung treffen", sagte Gaillot mit Blick auf eine Praxis, die sich ohne Erlaubnis des Vatikans längst verbreitet habe. "Die ökumenische Basis ist viel weiter als der Dialog auf offizieller Ebene", fügte er hinzu. Heute könne niemand mehr Christ sein, ohne ökumenisch zu sein. "Es geht nicht darum, gemeinsam mehr Einfluss auf die Gesellschaft zu haben, sondern es ist eine Tatsache, dass wir alle Brüder und Schwestern sind."

Charta Oecumenica wird unterzeichnet

Heute unterzeichnen Vertreter von 16 Kirchen in Deutschland auf dem Ökumenischen Kirchentag in Berlin ein Dokument mit der Verpflichtung zur engeren Zusammenarbeit. Die Charta Oecumenica war bereits vor zwei Jahren in Straßburg von den katholischen Bischofskonferenzen und protestantischen Kirchen auf europäischer Ebene vereinbart worden. In zwölf Leitsätzen des Dokuments erklären sich die Kirchen unter anderem zur verstärkten Zusammenarbeit bereit. Ein weiterer Höhepunkt des heutigen Tages wird der Besuch des Dalai Lama, der an einer Podiumsdiskussion zum Thema Ethik teilnimmt, sein.

 

 

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Ökumenischer Kirchentag

 

 

 
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