Vor 25 Jahren starb der Konzilspapst Paul VI.
Paul VI. wurde als Konzilspapst geehrt, als Verfasser
der Sozial- enzyklika "Populorum progressio" bewundert und als
"Pillen-Paul" verhöhnt: "Kathpress"-
Korrespondentenbericht von Johannes Schidelko
Vor 25 Jahren - am 6. August 1978 -
starb Papst Paul VI. nach 15-jährigem Pontifikat im Alter von 80 Jahren in
seinem Sommersitz Castel Gandolfo. Er wurde als Konzilspapst geehrt, als
Verfasser der Sozialenzyklika "Populorum progressio" bewundert und
wegen der Enzyklika "Humanae vitae" als "Pillen-Paul"
verhöhnt.
Erste Auslandsreisen
Als erster Papst der Moderne
unternahm Paul VI. (1963-78) Auslandsreisen. In Jerusalem traf er nach 900
Jahren Kirchenspaltung den orthodoxen Patriarchen Athenagoras und setzte
einen ökumenischen Neuanfang. Seine Rede vor der UNO war ein Meilenstein,
seine Gelehrsamkeit und sein diplomatisches Geschick sprichwörtlich, ebenso
sein Zaudern und seine menschlich zurückhaltende Art.
Herzattacke
Der Alarm begann sonntags um die
Mittagszeit. Papst Paul VI. sagte das für ihn so wichtige Angelus-Gebet mit
den Gläubigen aus aller Welt ab. Ein Indiz, dass der Gesundheitszustand des
Papstes sehr ernst sein musste. Vier Tage zuvor hatte er noch im Innenhof
der Papstvilla oberhalb des Albaner Sees die Generalaudienz abgehalten. Am
Tag darauf empfing er Italiens damaligen Staatspräsidenten Sandro Pertini
zum Mittagessen. Aber dann bekam er plötzlich Fieber. Zwei Tage lang litt
der Montini-Papst, umgeben von Ärzten und engen Mitarbeitern, die mit ihm
beteten. Das Fieber stieg, der Blutdruck sank, eine Herzattacke sollte er
nicht überleben. "Am Sonntag, den 6. August, um 21.40 Uhr entschlief
Papst Paul VI. im Frieden des Herrn", teilte der Vatikan der Welt mit.
Todesahnungen
Schon seit längerem hatte Paul VI.
gekränkelt. Vor seiner Abreise nach Castel Gandolfo Mitte Juli 1978 hatte
er Todesahnungen: "Wir wissen nicht, ob wir zurückkommen. Und wie Wir
zurückkommen", sagte er seinem "Innenminister", Erzbischof
Giuseppe Caprio.
Vater der vatikanischen Ostpolitik
Kommentatoren würdigten die Klugheit
und Umsicht, wie Paul VI. das von Johannes XXIII. eröffnete Konzil
weitergeführt und die Kirche in der schwierigen Umbruchszeit geleitet
hatte. Wie er den Dialog mit der Welt förderte und auf seinen
Auslandsreisen für Frieden und Menschenrechte eintrat. Wie er mit einer
vatikanischen "Ostpolitik" der Kirche hinter dem Eisernen Vorhang
das Überleben ermöglichen wollte.
Bescheidene Ruhestätte
Im Vatikan trafen Beileidsschreiben
aus aller Welt ein. Der Leichnam des toten Papstes wurde zunächst in Castel
Gandolfo und dann im Petersdom aufgebahrt. Hunderttausende defilierten am
schlichten Holzsarg vorbei. Sechs Tage nach dem Tod fanden die
Beisetzungsfeierlichkeiten statt. Die Messe zelebrierte der bereits 85-jährige
Kardinal-Dekan Carlo Confalonieri - und imponierte einem Millionenpublikum.
So bescheiden wie sein Leben sollte sein Grab sein: Paul VI. fand seine
letzte Ruhestätte in einem schlichten Erdgrab in den Grotten des
Petersdoms.
Öffnung ohne Anpassung
Anlässlich des 40. Jahrestages der
Wahl des Montini-Papstes lobte dessen Nachnachfolger Johannes Paul II. vor
wenigen Wochen die Verdienste Pauls VI. Er habe für die Kirche "die Öffnung
zur Welt" gesucht, "ohne einer falschen Anpassung an den 'Geist
der Welt' zu erliegen". Geprägt vom Zweiten Vatikanischen Konzil habe
der Papst die Kirche geliebt, für ihre Einheit gearbeitet und ihr
missionarisches Engagement intensiviert. Seine Enzykliken und Botschaften
seien "wegweisend für die Kirche unserer Tage".
Autor von „Humanae vitae“
Ausdrücklich verwies Johannes Paul
II. dabei auch auf die Enzyklika "Humanae vitae" zum Lebensschutz.
Dieses Lehrschreiben im bewegten Jahr 1968 hatten dem Papst und der Kirche
Kritik und Attacken eingebracht wie selten eine römische Äußerung. Paul
VI. hat an dieser Resonanz und den Anfeindungen gelitten, ebenso an den sich
damals häufenden Laisierungsgesuchen von Priestern.
Der „lächelnde Papst“
Welche physische und psychische
Belastung das Petrus-Amt darstellt, erlebte die Welt an seinem Nachfolger.
Johannes Paul I., der 20 Tage nach dem Tod Paul VI. gewählt wurde und als
der "lächelnde Papst" in die Geschichte einging, war der Bürde
nicht gewachsen. Er starb nach 33 Tagen an Überforderung. Für den
Montini-Papst wurde 1993 der Seligsprechungsprozess eingeleitet.
"Silbernes
Amtsjubiläum"
Im Oktober
wurde dann Karoly Woytyla zum Papst gewählt - der damit heuer das seltene
"silberne Amtsjubiläum" als Papst feiern wird.
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