News 01. 09. 2003

Vor 20 Jahren stand Wien fünf Tage lang im Zeichen des Glaubens

Vor 20 Jahren, im September 1983, war Wien nicht wieder zu erkennen: Fünf Tage lang - von 9. September bis 13. September - stand die österreichische Bundeshauptstadt damals im Zeichen des Österreichischen Katholikentags und des ersten Pastoralbesuchs von Papst Johannes Paul II.

Es war ein "Fest des Glaubens", von dessen Fröhlichkeit und Tiefe auch viele Menschen angesteckt wurden, die selten oder nie ein Gotteshaus betreten. Zugleich bedeuteten Katholikentag und Papstbesuch unter dem Motto "Hoffnung leben - Hoffnung geben" den Höhepunkt in der jahrzehntelangen Wirksamkeit Kardinal Franz Königs als Wiener Erzbischof. Und die Europa-Vesper mit Papst Johannes Paul II. auf dem Heldenplatz wurde - was man damals noch nicht wissen konnte - zu einer "prophetischen" Vorwegnahme der "Wende", die sechs Jahre später eintreten sollte. Zu einem Zeitpunkt, als Politiker und Wissenschaftler allenfalls einen graduellen Wandel des Sowjetsystems im Verlauf von vielen Jahrzehnten für möglich hielten, verwiesen damals der Papst und die katholische Kirche in Österreich auf die geistige Einheit Europas.

"Wallfahrt der Völker"

Der Papstbesuch endete am 13. September 1983 in Mariazell, wo es zu einer Begegnung Johannes Pauls II. mit 7.000 Priestern und Ordensleuten aus ganz Österreich kam. 20 Jahre danach führt die Kirche in Österreich wieder einen Katholikentag durch, der aber bewusst eine mitteleuropäische Perspektive hat: Acht Bischofskonferenzen - von Bosnien bis Polen - haben sich auf Initiative von Kardinal Christoph Schönborn zusammengetan. Höhepunkt des Mitteleuropäischen Katholikentags wird die "Wallfahrt der Völker" am 22./23. Mai 2004 sein; Johannes Paul II. wurde von Kirche und Staat nach Mariazell eingeladen. Es besteht Hoffnung, dass es zu einem vierten Papstbesuch in Österreich kommt und sich der Kreis so schließt.

Rückblick

Im Rückblick auf die Ereignisse vor 20 Jahren sagte der damalige Generalsekretär des Katholikentags, Walter Schaffelhofer (heute Generalsekretär des "Verbandes Österreichischer Zeitungen"), am Montag im Gespräch mit "Kathpress", es sei 1983 darum gegangen, auf einer breiten Plattform die verschiedenen Strömungen des österreichischen Katholizismus zusammen zu führen: die Gliederungen der Katholischen Aktion, die traditionsreichen katholischen Verbände, die inzwischen stärker entwickelten apostolischen Gruppen und spirituellen Bewegungen und die - damals erst seit etwa 15 Jahren bestehende - breite Bewegung der Laienmitarbeit in den Pfarrgemeinderäten.

Beim Zaun hinausschauen

Wörtlich meinte Schaffelhofer: "Die österreichischen Katholikentage hatten immer die enorm wichtige Funkon, in gewissen Zeitabständen all diese Gruppierungen, die sonst oft nicht über den Zaun hinausschauen, zusammen zu führen. Dabei kam es zu gemeinsamen Projekten, man begegnete einander und so entstand ein gemeinsames Bewusstsein für die Kirche und für die Aufgaben in unserem Land. Abseits Stehende wurden integriert und Verhärtungen aufgelöst. Katholikentage hatten also auch eine therapeutische Funktion für die Kirche".

Katholikentag und Papstbesuch

Dieses Ziel wurde 1983 erreicht; ein Jahr intensiven Dialogs mündete in das Erlebnis des Katholikentags, der an den beiden ersten Tagen (9. und 10. September) ein durchaus eigenständiges Gesicht zeigte, auch wenn "medial die Berichterstattung vom Papstbesuch geprägt" gewesen sei. Schaffelhofer erinnerte daran, dass die Idee, Katholikentag und Papstbesuch zu verbinden, eine Folge des Attentats von 1981 war. Denn der Papstbesuch in Österreich sei schon früher vorgesehen gewesen, musste dann aber immer wieder verschoben werden: "Nun sollten Katholikentag und Papstbesuch gemeinsam stattfinden. Das war ein Novum, auch für die römischen Reiseplaner und den Papst selbst. Die österreichischen Bischöfe waren gebeten, dieses Konzept in Rom zu vertreten". Dass Katholikentag und Papstbesuch dann harmonisch ineinander griffen, war vor allem dem Wiener Weihbischof Helmut Krätzl zu verdanken, der von Seiten des österreichischen Episkopats für den Papstbesuch verantwortlich zeichnete.

Messfeier im Donaupark

Die beiden Stränge Katholikentag und Papstbesuch hätten die Planer vor ein schwieriges konzeptionelles Problem gestellt, so Schaffelhofer: "Am einfachsten war noch die Planung der großen Messfeier im Donaupark. Eine Messe ist eine Messe, und der Papst als Hauptzelebrant mit einer großen Zahl europäischer Kardinäle und Bischöfe feierte diese Messe mit rund 300.000 Gläubigen, die sich auch durch peitschenden Regen nicht abhalten ließen, bis zum Schluss auszuhalten".

Vesper auf dem Heldenplatz

Am schwierigsten sei es gewesen, ein überzeugendes Konzept für den Auftakt des Papstbesuches am 10. September - die Europa-Vesper auf dem Heldenplatz - und damit für die erste gemeinsame Veranstaltung von Katholikentag und Papstbesuch zu entwickeln. Der Papst sei selbstverständlich als Gast die Zentralgestalt gewesen, aber die Veranstaltung sollte durchaus "dialogischen" Charakter haben.

Zwei "Stolpersteine"

Und dann habe es noch zwei "Stolpersteine" gegeben, erinnert sich Schaffelhofer: Der historisch "belastete" (wenn auch durch den Katholikentag 1952 schon einmal einem "Exorzismus" unterzogene) Heldenplatz als Veranstaltungsort - er sei als einziger Platz auf Grund seiner Größe in Frage gekommen - und das Gedenkjahr an die zweite Wiener Türkenbelagerung von 1683. Schaffelhofer: "Anders als beim Katholikentag 1933 war nicht daran gedacht, das Gedenken an 1683 triumphal anzulegen. Die Begegnung zwischen den Kulturen in Europa, das neue Verhältnis des Christentums zu den anderen Religionen und damit auch zum Islam im Lichte des Zweiten Vatikanischen Konzils sollte im Vordergrund stehen".

Vesper

Das Konzept der Veranstaltung sei eine Vesper mit vier Sprechern aus den vier Windrichtungen gewesen, die Österreich im Herzen Europas in einen größeren Bezug stellen sollten. Die Sprecher waren die Kardinäle Franciszek Macharski aus Krakau (der Asche aus Auschwitz nach Wien mitbrachte), Joachim Meisner (damals Bischof des geteilten Berlin), Jean-Marie Lustiger (Paris) und Franjo Kuharic (Zagreb). Die kurzen, sehr prägnanten Texte seien Auslegungen der Bergpredigt gewesen; sie führten hin zur Predigt des Papstes, der Grundlegendes zum christlichen Verständnis von Europa gesagt habe. Zum Abschluss der Feier errichtete er ein Kreuz, das heute zwischen der Neuen Hofburg und dem Heldentor an den Katholikentag erinnert.

Neuer Katholikentag

Schaffelhofer abschließend: "In einer Wertung unmittelbar nach dem Katholikentag 1983 hat ein guter Kenner des österreichischen Katholizismus gemeint, dieser Katholikentag war gleichsam eine Apotheose des österreichischen Katholizismus nach dem Zweiten Weltkrieg und in gewisser Weise auch eine Apotheose der Ära König. Die Jahre danach haben in mir jedenfalls diesen Eindruck verstärkt. Ein neuer Katholikentag kündigt sich an, diesmal als Mitteleuropäischer Katholikentag konzipiert - eine große Idee, ein wichtiges Zeugnis für die christliche Seele Europas mitten in der Debatte um eine europäische Verfassung und deren geistige Grundlage. Nachdenklich stimmt nur die Tatsache, dass zumindest dem äußeren Erscheinungsbild nach dieser Katholikentag kaum von Laien geprägt ist, deren ureigenste Domäne Katholikentage doch immer waren. Aber bis zum Mai 2004 in Mariazell, voraussichtlich wieder gemeinsam mit Papst Johannes Paul II., werden ja noch einige Akzente gesetzt werden".

 

 

 

 

 

 

 

 
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