News 14. 06. 2004

Asyl: UNHCR startet Plakat-Kampagne gegen Vorurteile

"Fairness statt Vorurteile!" fordert das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) jetzt in einer österreichweiten Kampagne, um "teilweise grotesken" Meinungen über Asylwerber entgegenzutreten.

Auch wenn es in anderen europäischen Ländern Probleme mit Vorurteilen gegenüber Flüchtlingen gebe, sei die Situation in Österreich derzeit besonders "krass", sagte der UNHCR-Österreich-Verantwortliche Gottfried Köfner am Montag in einer Pressekonferenz: "Fast wöchentlich wird es ärger".

"Sozialschmarotzer"

Opfer von Krieg, Misshandlung und Schlepperei würden immer wieder als "Sozialschmarotzer", Schwindler oder Abenteurer abgestempelt. Vieles, was zuletzt in Österreich über Flüchtlinge gesagt wurde, mache ihn "sprachlos", so Köfner. Die "Spirale der Verbalgewalt" dürfe sich nicht weiterdrehen. "Es muss Schluss sein mit dem Schlechtmachen von Flüchtlingen, Schluss mit der Angstmache, Schluss mit der Verunsicherung der Bevölkerung", appellierte Köfner.

„Ungekannte Qualität von Aggression"

Die Politik müsse dem "Nachplappern" von Vorurteilen aktiv entgegentreten, deren Verbreitung "schwer wiegende Folgen" für Integration und Zusammenleben habe. Der UNHCR-Vertreter wollte keine einzelnen "Zündler" namhaft machen, auch das Schweigen zu dieser Spielart der Fremdenfeindlichkeit sei zu verurteilen. "So mancher Politiker hat manches Vorurteil einfach übernommen, ohne sich viel um die Fakten zu kümmern", beklagte Köfner. Konkrete Kritik übte das UNHCR bei der Pressekonferenz u.a. an FP-Justizsprecherin Helene Partik-Pable und ihrer Behauptung, neun von zehn Asylwerbern kämen aus wirtschaftlichen Motiven, und an Innenminister Ernst Strasser, der tschetschenischen Flüchtlingen eine in Österreich bisher ungekannte "Qualität von Aggression" attestierte.

2.000 Plakate

Mit 2.000 in ganz Österreich affichierten Plakaten will das UN-Flüchtlingshochkommissariat nun die Informationsoffensive gegen die häufigsten zwölf Vorurteile über Flüchtlinge und Asylsuchende eröffnen; Links auf die Website www.unhcr.at bieten ein umfassendes Spektrum von Argumenten. Die Plakate selbst - die Sujets wurden von der Agentur "Publicis Group Austria" kostenlos für die Kampagne entworfen - nennen einzelne Vorurteile im Stil von Tageszeitungs-Überschriften in stark überzeichneter Form: "Asylwerber spielen mit üblen Tricks" oder "Asylwerber zeigen nie ihr wahres Gesicht" heißt es da zu entsprechenden Fotomontagen, zur Widerlegung dieser Pauschalurteile wird auf die Website verwiesen.

Zahl neuer Asylanträge geht kontinuierlich zurück

"Österreich wird der großen Zahl von Asylwerbern kaum mehr Herr" lautet z.B. eines der hier behandelten Vorurteile. Faktum sei, dass seit Jänner 2003 die Zahl neuer Asylanträge kontinuierlich zurückgeht, "praktisch jeden Monat gibt es weniger als im Vergleichsmonat des Vorjahres". Gemessen an den Vergleichszahlen von vor zwei Jahren "sind es zum Teil gar nur halb so viele Menschen, die in Österreich Zuflucht suchen", so das UNHCR. Köfner wies auf das paradoxe Phänomen hin, dass "immer weniger Flüchtlinge in Österreich auf immer mehr Vorurteile stoßen".

Anstieg der Kriminalität?

Unwahr sei auch, dass Asylwerber stehlen und für den Anstieg der Kriminalität in Österreich verantwortlich sind. Die wenig bekannte "gerichtliche Kriminalstatistik" - sie listet von einem Richter verurteilte Straftaten auf - belege, dass viel weniger Asylwerber mit dem Strafgesetz in Konflikt kommen als oft behauptet wird. Kriminelle gebe es zwar auch unter Asylsuchenden. Aber, so der UNHCR, insgesamt seien sie aber "nicht gefährlich, sondern oft gefährdet".

Gegen Vorurteile

Als Beispiel dafür, welche Bereicherung Flüchtlinge und Heimatvertriebene darstellen können, führt das UNHCR u.a. Kardinal Christoph Schönborn ins Treffen; er habe wie auch der Schwimm-Star Mirna Jukic oder der Publizist Paul Lendvai "dem sicheren Hafen Österreich nach der Flucht viel geben können".

Argumentiert wird auf der UNHCR-Website auch gegen Vorurteile wie "Asylwerber dealen!, "Asylwerber suchen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen um Asyl an" oder "die allermeisten Asylwerber kommen aus wirtschaftlichen Motiven". Die Plakat-Kampagne läuft ab sofort bis mindestens Ende Juli, die Flächen stellt die "Gewista" gratis zur Verfügung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
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