News 12. 07. 2004

Krenn zu Skandal um Priesterseminar: "Buben-Dummheiten"

In der Sendung "Orientierung" bestätigte der St. Pöltner Diözesanbischof Kurt Krenn, Fotos zu kennen, die unter anderem den Subregens des Priesterseminars in einem innigen Kuss mit einem Mann zeigen. Die Vorgänge im St. Pöltner Priesterseminar hätten aber nichts mit Homosexualität zu tun, vielmehr handle es sich um "Buben-Dummheiten", erklärte Krenn. Heute berät in St. Pölten das Domkapitel eventuelle Folgen des Skandals. Die Bischofskonferenz sieht inzwischen "kirchlichen Handlungsbedarf".

Die Ermittler im Fall des Priesterseminars haben einem Bericht des Nachrichtenmagazins "profil" zufolge zuletzt weitere 40.000 Fotos sowie "zahlreiche Filme mit teils abartigen Sexdarstellungen" in den Zimmern angehender Gottesdiener gefunden. Bischof Kurt Krenn hat gegenüber dem ORF-Religionsmagazin "Orientierung"  bestätigt, ein Foto gesehen zu haben, auf dem der abgetretene Leiter des örtlichen Priesterseminars einem anderen (angezogenen) Mann ans Gemächt greift. Auch die Existenz eines Bildes, das Subregens Wolfgang Rothe in einem innigen Kuss mit einem Mann zeigt, bestritt der Bischof nicht. Was er hier gesehen habe, seien aber "in keiner Weise Dinge, die mit Homosexualität zu tun habe." Es handle sich um Buben-Dummheiten.

Fotos kamen von Weihbischof Fasching

Wie Krenns Sprecher Michael Dinhobl gegenüber der APA bestätigte, kennt der Diözesanbischof die Fotos seit Mittwoch. Die Abbildungen seien ihm von Weihbischof Heinrich Fasching übergeben worden. Woher Fasching die Fotos hatte, "wissen wir nicht", so Dinhobl. Der Weihbischof habe mitgeteilt, die Bilder unter seiner Tür vorgefunden zu haben.

Auch Subregens wird vermutlich zurücktreten

Vor einigen Tagen war Regens Ulrich Küchl, Leiter des Seminars, zurückgetreten. Er wolle mit diesem Schritt "eine Beruhigung der angespannten Lage erreichen", hieß es. Die Vorwürfe gegen ihn bezeichnete er als haltlos. Nun hat laut "profil" auch Rothe, zugleich Sekretär und Rechtsberater von Krenn, seinen Rücktritt angekündigt. Rothe befand sich am Sonntag noch auf Urlaub. Dass Krenn sein Rücktrittsangebot annimmt, gilt laut Kennern der Diözese als sicher.

Neuer Leiter: Ein strudelndes Schiff

Vor einer schwierigen Aufgabe dürfte der noch am vergangenen Montag - für ihn "überraschend" - als Küchl-Nachfolger ernannte Werner Schmid stehen. "Ich kann es versuchen, ein Schiff, das ein bisschen ins Strudeln gekommen ist, wieder in ein ruhigeres Gewässer zu führen. Vielleicht gelingt das - hoffentlich", hatte der 62-jährige neue Regens des Priesterseminars nach seiner Bestellung gemeint.

Koadjutor für Krenn?

Als sehr wahrscheinlich gilt inzwischen die baldige Annahme des Rücktritts von Weihbischof Heinrich Fasching durch Rom. Fasching war am 24. Mai 75 Jahre alt geworden. Für diesen Zeitpunkt legt das Kirchenrecht nahe, den Rücktritt anzubieten. Faschings "75er" hatte in den Monaten zuvor zu einer Reihe von Spekulationen geführt, u.a. zu jener, dass Krenn ein Koadjutor zur Seite gestellt werden könnte. Was geschehen könnte, wenn der Rücktritt des seit inzwischen elf Jahren amtierenden Weihbischofs angenommen werde, hatte der Sprecher von Bischof Krenn zu Jahresbeginn mit der Feststellung erläutert, dass es drei Möglichkeiten gebe: "Es wird kein neuer Weihbischof bestellt, es wird ein neuer Weihbischof bestellt oder es wird ein Koadjutor bestellt." Krenn selbst machte immer klar, dass er keinen Koadjutor wolle. "Das würde ich auch dem Papst so sagen: Heiliger Vater, es ist vielleicht besser mit einem Weihbischof."

Bischofskonferenz: "dringender kirchlicher Handlungsbedarf"

Der Skandal um das St. Pöltner Priesterseminar hat inzwischen auch zu einer Reaktion der österreichischen Bischofskonferenz geführt. Es herrsche "dringender kirchlicher Handlungsbedarf", betonte die Pressestelle der Bischofskonferenz am Sonntag. Außer Frage stehe, dass "alles, was mit praktizierter Homosexualität oder Pornografie zu tun hat, in einem Priesterseminar keinen Platz haben kann". Das St. Pöltener Priesterseminar habe sich vor zwei Jahren deutlich vom Kurs der anderen österreichischen Priesterseminare abgekoppelt. Aus ganz Österreich seien im Hinblick darauf - auch an die Adresse des St. Pöltener Diözesanbischofs  - "massive Vorbehalte" zum Ausdruck gebracht worden.

"Betroffenheit"

Die Leiter der österreichischen Priesterseminare hätten bei ihrem jüngsten Sommertreffen ihre "Betroffenheit" über die Entwicklung in St. Pölten zum Ausdruck gebracht, heißt es in einer "Kathpress"-Aussendung. In einer Presseerklärung unterstrichen die Leiter der Priesterseminare ihre Aufgabe, die geistlichen und menschlichen Qualitäten der Kandidaten genau zu prüfen. Man wisse sich den kirchlichen Ausbildungsnormen verpflichtet, die einen besonderen Schwerpunkt auf die menschliche Reifung der künftigen Priester legen. Dies werde gewährleistet durch ein strenges Aufnahmeverfahren, ein Einführungsjahr für alle Neueintretenden sowie eine intensive geistliche und menschliche Begleitung während der Seminarzeit.  

Domkapitel berät

Am heutigen Vormittag ist in St. Pölten das Domkapitel zusammengetreten. Das hat Michael Dinhobl, Sprecher Kurt Krenns, auf Anfrage bestätigt. Das Domkapitel ist das Beratungsgremium des Diözesanbischofs und wurde von Krenn einberufen. Auf der Tagesordnung standen Fragen im Zusammenhang mit dem Priesterseminar. Angehörige des Gremiums sind Dompropst Weihbischof Heinrich Fasching, Domdechant Alois Hörmer, Domscholaster Ferdinand Staudinger sowie die Domkapitulare Gerhard Fahrnberger, Franz Schrittwieser, Josef Eichinger, Leopold Schagerl und Wolfgang Reisenhofer.

 

Diskussionsforum:

Kirche, Keuschheit und Konflikte

 

Video On Demand:

- 13. 07. 2004 Bischof Kurt Krenn in der Kreuz +Quer Diskussionsrunde

 

Weitere News zum Thema:

 

-15. 07. 2004 Krenn verletzte Aufsichtspflicht

-15. 07. 2004 Affäre St. Pölten: Auswirkung auf Kirchenaustritte nicht abschätzbar 

-15. 07. 2004 Kirchen-Sex-Affäre: Krenn-Website schaltet Einträge nicht mehr frei

-15. 07. 2004 Krenn trotzt Rücktrittsforderungen  

- 14. 07. 2004: Krenn: "Das geht die Bischofskonferenz einen Dreck an"

- 14. 07. 2004: Schüller fordert Rücktritt Krenns  

- 14. 07. 2004: Schönborn-Sprecher: "Demnächst wird etwas passieren"

- 14. 07. 2004: Krenn: Keine Beweise für Homosexualität im Priesterseminar

- 13. 07. 2004: Kapellari zu St. Pölten: Sumpf schleunigst trockenlegen

- 13. 07. 2004: Küng: Konsequenzen aus Affäre ziehen 

- 13. 07.2004:"Priesterseminar-Affäre": Für Feichtlbauer rächt sich Bischofsbesetzung

- 12. 07. 2004: Diözese St. Pölten: Vorfälle werden diözesanintern untersucht

- 12. 07. 2004: Vatikan verweigert Stellungnahme zu St. Pöltner Priesterseminar

- 12. 07. 2004: Krenn zu Skandal um Priesterseminar: "Buben-Dummheiten"

- 07. 07. 2004: Bischof Krenn zur Porno-Affäre: "Bete, dass das alles nicht stimmt"

- 05. 07. 2004: St. Pölten: Leiter des Priesterseminars zurückgetreten  

- 30. 06. 2004: Polizei suchte in St. Pöltner Priesterseminar Kinderpornos

 

Hintergrund:

- Kirchenrecht verlangt "gerechte Strafen" bei Sexual-Delikten

- Papst-Schreiben zu Priesterseminaren

 

 

 
Seitenanfang 
weitere News