News 03. 02. 2005

Grazer Bibelwissenschafter: Neuinterpretation der Eucharistie

Mittelpunkt der christlichen Religion ist die Eucharistie, die im katholischen Bereich vor allem als Heilige Messe und seit der Reformation als Abendmahl bekannt ist. Bemerkenswerte neue Perspektiven dazu legt der Grazer Bibelwissenschafter Peter Trummer an der Theologischen Fakultät der Universität Graz in seiner Publikation "Dies ist mein Leib" vor.

 

Für sein Buch hat Trummer die frühchristlichen Texte und vor allem Bilder römischer Katakomben erneut studiert. Gegenüber religion.ORF.at bringt er eine seiner neuen Erkenntnisse auf den Punkt: „Die kirchliche Tradition ist davon geprägt, dass sie auf immer klare Definitionen gesucht hat und dass sie sich immer auf das Wesentliche zu konzentrieren versuchte und dabei aus der gesamten Eucharistie dies vier Worte „Das ist mein Leib" mit einem Sondergewicht sondergleichen bedacht hat. So sind diese vier Worte geradezu zum Schnittpunkt aller Überlegungen geworden. Und es ist vergessen worden, dass die gesamte Feier - also die Schriftlesungen, die Gebete, die  Hymnen - ganz wesentliche Funktion hat."

Brotvermehrung

Anhand von Belegen zeigt er, dass die frühchristliche Eucharistiefeier nicht nur das Letzte Abendmahl Jesu mit seinen Aposteln zum Vorbild hatte. Sie sei auch und vor allem an jene Erzählungen angelehnt, die von den wunderbaren Speisungen - bekannt als "Brotvermehrungen" - berichten: "Die frühchristlichen Darstellungen zeigen vor allem Brote und Fische, in den Bechern befindet sich nicht unbedingt Wein, sondern 'Mischungen' bis hin zu reinem Wasser oder Milch. Diese Form der Eucharistie bezieht sich also eindeutig auf die wunderbare Speisung und nicht das Abendmahl", erläutert Trummer.

Eucharistie ohne Wandlungsworte

Das führt den Bibelwissenschafter zu der Überzeugung, "dass die Eucharistie auch ohne die so genannten Wandlungsworte gefeiert wurde". Hier könnte sich eine Lösung für eine in der katholischen Kirche drängendes Problem - Trummer spricht von "zunehmender Überforderung der Priester, die immer mehr Gottesdienste feiern müssen" - ergeben:Wenn Eucharistie als ein Gemeinschaftsmahl gefeiert wird, das den Einsetzungsbericht nicht enthält, dann sehe ich keine besonderen Schwierigkeiten, dass auch Laien ohne den priesterlichen Vorsitz Eucharistie feiern. Muss aber auch gleich dazu sagen, dass das nicht gleich so ohne weiteres geht, sondern dass auch dafür priesterliche Funktionen ausgeprägt werden müssen."

Chance auf Rückbesinnung der Religion

Nach dem Erscheinen seines Buches fühle er von Seiten der Kirche "Wohlwollen im Gespräch , aber auch Angst". Er nehme die durch seine Thesen entstehende "Verunsicherung im bisherigen Rollendenken und kirchlichen Selbstverständnis in Kauf" weil er darin auch eine neue Chance für eine Rückbesinnung der Religion auf ihre Glaubensquellen sowie für Reformen sieht: "Ich sehe diese Erkenntnisse als mögliche Lösungsmodelle für priesterlose Gemeinden und ökumenische Mahlfeiern", so Trummer.

 

Video on demand:

Peter Trummer im Orientierungbeitrag - Neue Perspektiven zu Eucharistie und Abendmahl?

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Info:

Peter Trummer: "Das ist mein Leib - Neue Perspektiven zu Eucharistie und Abendmahl", Patmos Verlag 2005 , 200 Seiten,18 Euro, ISBN: 3-491-70383-2

 

 

 

 

 
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