Historisches Dokument aufgetaucht:
Harte Kritik an der Kirche Österreichs
20 Jahre alt ist der Bericht des
ehemaligen apostolischen Nuntius in Österreich, Mario Cagna. Das Dokument
ist im Nachlass des Verfassers aufgetaucht und beinhaltet eine Abrechnung
mit der Kirche Österreichs, die maßgeblich zu den umstrittenen
Bischofsernennungen in den achtziger und neunziger Jahren beigetragen haben
dürfte, berichtete das Ö1-Morgenjournal.
Dieses Dokument hätte
kein österreichischer Katholik in die Hände bekommen sollen: Den Bericht des
Apostolischen Nuntius Mario Cagna über die Lage der Kirche Österreichs
zwischen 1976 und 1985. Solche Dokumente verschwinden üblicherweise für
mindestens achtzig Jahre in Vatikanischen Archiven. Im Nachlass von Nuntius
Cagna hat aber der renommierter Kirchenhistoriker Alberto Melloni den
folgenschweren Bericht gefunden und in Bologna veröffentlicht.
„Versagen“ der Bischöfe
Der Bericht umfasst 20
Seiten: Viel Positives ist dem päpstlichen Gesandten nicht aufgefallen:
Religionsunterricht zu theoretisch, Laiengremien machen auf allen Ebenen den
Hirten das Leben schwer und auf den theologischen Fakultäten wirken
Professoren, die der Kirche gegenüber kritisch eingestellt sind. Und dem
Bischöfen wirft Nuntius Cagna „Versagen“ vor: Zur Erinnerung: Es handelt
sich noch um die Zeit von Kardinal Franz König und Erzbischof Karl Berg.
Schwere Kritik an liberalen Kräften
Cagna rechnete zum
Beispiel in seinem Bericht nach Rom aus dem Jänner 1985 unter Papst Johannes
Paul II. - es war in Salzburg noch die Zeit des Humanisten Erzbischof Karl
Berg - vor allem mit früheren österreichischen Bischöfen ab, die als liberal
galten. Sie kümmerten sich aus der Sicht des Nuntius zu wenig um die reine
Lehre.
„Wenig Festigkeit“
Im Bericht heißt es
unter anderem:“Die österreichischen Bischöfe sind gut. Von allen Bischöfen
ohne Ausnahme kann man sagen, dass sie persönlich ergeben, ehrlich, fleißig
und rechtgläubig sind, sich ihren Aufgaben widmen, nicht politisiert sind
und weit weg von Extremismen jeglicher Art. Aber auch von allen kann man
sagen, dass sie zu vorsichtig und zurückhaltend sind, gegenüber den
Theologen, den pastoralen Gremien, den Journalisten und der öffentlichen
Meinung, der gegenüber sie selten Festigkeit in ihren Positionen zeigen und
einfach gewähren lassen.“
"Irregeleitete und rebellische
Professoren"
Als papstkritisch
erwähnte der Nuntius den Salzburger Liturgieprofessor Franz Nikolasch, die
in Salzburg lehrenden Moraltheologen Hans Rotter, Alfons Riedl und Günther
Virt sowie die Pastoraltheologen Wilhelm Zauner und Michael Zulehner.
Wörtlich heißt es: "Es scheint unglaublich, dass unleugbar gute und fromme
Hirten sich nicht nur von irregeleiteten und rebellischen Professoren,
Priestern und Laien überspielen lassen, sondern sie auch noch auf
verantwortungsvollen Posten tolerieren, sie ernennen und sich auf sie
verlassen. Während jene, die den Papst und die Hierarchie unterstützen, in
die Verbannung geschickt werden."
Ruf nach Hardlinern
Positiv erwähnt wurde
vom Nuntius unter Theologen nur der als sehr konservativ geltende Salzburger
Andreas Laun, der sich später neben dem früheren Erzbischof Georg Eder immer
wieder mit öffentlichen Wortmeldungen zu Homosexualität und anderen Themen
einer heftigen Diskussion aussetzte.
„Priester zu Recht weisen“
Die Schlussfolgerung
von Nuntius Cagna, um die Lage für Roms Leitlinien langfristig zu verändern,
war eindeutig. Sein Rat an den Vatikan: "Wenn man die aktuelle Situation
betrachtet, dann darf man sich keine Illusionen über eine rasche Genesung
machen.
Es wird Jahre brauchen
sowie mutige und heilige Bischöfe, die mit Vorsicht, aber mit
Entschiedenheit und ohne Zögern die Strukturen und Personen austauschen, die
Seminare beleben, die guten Priester ermutigen, die schwachen und
irregeleiteten Priester zu Recht weisen , die Bürokratie ausdünnen mit
Ausdauer die gute Lehre predigen und überall die Identifikation mit dem
Papst und seinem Lehramt stärken."
Auswirkungen
Die praktischen
Konsequenzen aus solchen Berichten eines Nuntius nach Rom erlebten
Österreichs Katholiken dann in den 1980er und 1990er Jahren. Es kam zu
"Heilungsversuchen" der päpstlichen Zentrale für verirrte Gläubige in
Österreich, die sich mit dem Einsatz von Persönlichkeiten wie Hans Hermann
Groer, Kurt Krenn und anderen in Bischofsämtern manifestierten.
|