News 18. 05. 2005

Historisches Dokument aufgetaucht: Harte Kritik an der Kirche Österreichs

20 Jahre alt ist der Bericht des ehemaligen apostolischen Nuntius in Österreich, Mario Cagna. Das Dokument ist im Nachlass des Verfassers aufgetaucht und beinhaltet eine Abrechnung mit der Kirche Österreichs, die maßgeblich zu den umstrittenen Bischofsernennungen in den achtziger und neunziger Jahren beigetragen haben dürfte, berichtete das Ö1-Morgenjournal.

Dieses Dokument hätte kein österreichischer Katholik in die Hände bekommen sollen: Den Bericht des Apostolischen Nuntius Mario Cagna über die Lage der Kirche Österreichs  zwischen 1976 und 1985. Solche Dokumente verschwinden üblicherweise für mindestens achtzig Jahre in Vatikanischen Archiven. Im  Nachlass von Nuntius Cagna  hat aber der renommierter Kirchenhistoriker Alberto Melloni den folgenschweren Bericht gefunden und  in Bologna  veröffentlicht.

„Versagen“ der Bischöfe

Der Bericht umfasst 20 Seiten: Viel Positives ist dem päpstlichen Gesandten nicht aufgefallen: Religionsunterricht zu theoretisch, Laiengremien machen auf allen Ebenen den Hirten das Leben schwer und auf den theologischen Fakultäten wirken Professoren, die der Kirche gegenüber kritisch eingestellt sind. Und dem Bischöfen wirft Nuntius Cagna „Versagen“ vor: Zur Erinnerung: Es handelt sich noch um die Zeit von Kardinal Franz König und Erzbischof Karl Berg.

Schwere Kritik an liberalen Kräften

Cagna rechnete zum Beispiel in seinem Bericht nach Rom aus dem Jänner 1985 unter Papst Johannes Paul II. - es war in Salzburg noch die Zeit des Humanisten Erzbischof Karl Berg - vor allem mit früheren österreichischen Bischöfen ab, die als liberal galten. Sie kümmerten sich aus der Sicht des Nuntius zu wenig um die reine Lehre.

„Wenig Festigkeit“

Im Bericht heißt es unter anderem:“Die österreichischen Bischöfe sind gut. Von allen Bischöfen ohne Ausnahme kann man sagen, dass sie persönlich ergeben, ehrlich, fleißig und rechtgläubig sind, sich ihren Aufgaben widmen, nicht politisiert sind und weit weg von Extremismen jeglicher Art. Aber auch von allen kann man sagen, dass sie zu vorsichtig und zurückhaltend sind, gegenüber den Theologen, den pastoralen Gremien, den Journalisten und der öffentlichen Meinung, der gegenüber sie selten Festigkeit in ihren Positionen zeigen und einfach gewähren lassen.“

"Irregeleitete und rebellische Professoren"

Als papstkritisch erwähnte der Nuntius den Salzburger Liturgieprofessor Franz Nikolasch, die in Salzburg lehrenden Moraltheologen Hans Rotter, Alfons Riedl und Günther Virt sowie die Pastoraltheologen Wilhelm Zauner und Michael Zulehner. Wörtlich heißt es: "Es scheint unglaublich, dass unleugbar gute und fromme Hirten sich nicht nur von irregeleiteten und rebellischen Professoren, Priestern und Laien überspielen lassen, sondern sie auch noch auf verantwortungsvollen Posten tolerieren, sie ernennen und sich auf sie verlassen.  Während jene, die den Papst und die Hierarchie unterstützen, in die Verbannung geschickt werden."

Ruf nach Hardlinern

Positiv erwähnt wurde vom Nuntius unter Theologen nur der als sehr konservativ geltende Salzburger Andreas Laun, der sich später neben dem früheren Erzbischof Georg Eder immer wieder mit öffentlichen Wortmeldungen zu Homosexualität und anderen Themen einer heftigen Diskussion aussetzte.

„Priester zu Recht weisen“

Die Schlussfolgerung von Nuntius Cagna, um die Lage für Roms Leitlinien langfristig zu verändern, war eindeutig. Sein Rat an den Vatikan: "Wenn man die aktuelle Situation betrachtet, dann darf man sich keine Illusionen über eine rasche Genesung machen.

Es wird Jahre brauchen sowie mutige und heilige Bischöfe, die mit Vorsicht, aber mit Entschiedenheit und ohne Zögern die Strukturen und Personen austauschen, die Seminare beleben, die guten Priester ermutigen, die schwachen und irregeleiteten Priester zu Recht weisen , die Bürokratie ausdünnen mit Ausdauer die gute Lehre predigen und  überall die Identifikation mit dem Papst und seinem Lehramt stärken."

Auswirkungen

Die praktischen Konsequenzen aus solchen Berichten eines Nuntius nach Rom erlebten Österreichs Katholiken dann in den 1980er und 1990er Jahren. Es kam zu "Heilungsversuchen" der päpstlichen Zentrale für verirrte Gläubige in Österreich, die sich mit dem Einsatz von Persönlichkeiten wie Hans Hermann Groer, Kurt Krenn und anderen in Bischofsämtern manifestierten.

 

 

 

 

 

 

 
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