News 15. 09. 2005

Priesterseminar St. Pölten: Gericht bestätigt sexuelle Beziehungen

Das Wiener Straflandesgericht hat am Donnerstag bestätigt, dass es im Priesterseminar St. Pölten homosexuelle Beziehungen gegeben hat. Eine dagegen eingebrachte Klage der ehemaligen Leiter, Regens Ulrich Küchl und Sub-Regens Wolfgang Rothe, wurde abgewiesen.

Das Nachrichtenmagazin "profil" hatte im Vorjahr unter anderem von "Sex-Spielen zwischen Priestern und deren Schülern" geschrieben und berichtet, Jungpriester hätten es "mit ihrem Chef und seinem Stellvertreter getrieben".

Medienrechtliches Verfahren

Prälat Küchl und Rothe, früher persönlicher Sekretär und Rechtsberater von Altbischof Kurt Krenn, initiierten darauf ein medienrechtliches Verfahren. Sie verlangten eine Richtigstellung sowie eine angemessene Entschädigung, weil man sie mit falschen Behauptungen in der Öffentlichkeit bloßgestellt habe.

Profil-Artikel

Das "profil" hatte den Artikel mit Fotos illustriert, die eine Kuss-Szene zwischen Rothe und einem Priesterseminaristen bzw. Küchl bei der innigen Umarmung eines polnischen Alumnen zeigen, wobei eine seiner Hände im Genitalbereich seines Schülers zu ruhen scheint.

Wahrheitsbeweis

Das Magazin bot im Gegenzug den Wahrheitsbeweis an, "und nach meinem Dafürhalten ist dieser geglückt", stellte Richterin Natalia Frohner nun nach mehrmonatiger Verhandlungsdauer und zahlreichen Zeugeneinvernahmen fest. Sämtliche Begehren der Kläger wurden abgewiesen. Sie haben auch die Verfahrenskosten zu tragen. Ihr Rechtsbeistand meldete dagegen volle Berufung an.

"Liebevolles Umarmen"

Das Foto, das den ehemaligen Regens Ulrich Küchl bei der Umarmung eines Schülers zeigt, kommentierte Richter Natalia Frohner in ihrer Urteilsbegründung wie folgt: "Das ist meines Erachtens in ganz klassischer Weise eine Umarmung, wie sie in einer Paar-Beziehung vorkommt." Es gebe keinerlei Anzeichen, dass dieses "liebevolle Umarmen" in spiritueller Weise begründbar wäre.

"Ausdruck einer Beziehung"

Das ominöse Kuss-Foto wiederum - aufgenommen unter einem Mistelzweig anlässlich einer Weihnachtsfeier in Rothes Wohnung - stellt laut Frohner "Ausdruck einer Beziehung" zwischen dem ehemaligen Sub-Regens und einem Seminaristen dar. "Mund auf Mund, die Augen sind inniglich geschlossen. Das Foto lässt meiner Meinung nach keinen Interpretationsspielraum offen. Das ist einfach kein liturgischer Weihnachtsgruß unter einem Mistelzweig", so die Richterin.

"Kein geschlechtlicher Hintergrund"

Küchl und Rothe hatten stets sexuelle Bande zu Seminaristen bestritten. Ihr Anwalt meinte noch in seinem Schlusswort: "In Feierlaune, wenn man Wein getrunken hat, kann es in Männerrunden zu solchen Sachen kommen, dass man sich umarmt." Geschlechtlichen Hintergrund habe das keinen.

Homosexuelle Beziehungen

"Kern des Vorwurfs ist, dass es im Seminar homosexuelle Beziehungen zwischen Prälat Küchl bzw. Doktor Rothe und Schülern gegeben hat", hielt dem die Richterin entgegen. Und diese wären "dokumentierbar vorgefallen". Die Richterin stieß sich in diesem Zusammenhang an der Position der katholischen Kirche, wo sie "ein Auseinanderklaffen" zwischen der offiziell vertretenen Sexualmoral und dem, was sich mitunter innerkirchlich abspiele, feststellte: "Es ist Aufgabe der Medien, solche Missverhältnisse an die Öffentlichkeit zu bringen."

 

 

 

 

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Link:

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