Erfüllte Zeit

02. 12. 2001, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr

 

"Gott suchen" -
Ein Text von Eugen Drewermann

 

Man verlangt oft, dass einem die Existenz Gottes bewiesen werde. Aber diese Forderung ist ebenso töricht, wie wenn man jemandem die Existenz des Lichtes beweisen wollte. Wir machen die Augen auf, und wir sehen - nicht das Licht, aber alles im Licht. So sehen wir auch Gott nicht, aber alle Dinge erscheinen anders von Gott her. Nicht um Beweise, sondern um Hinweise und Aspekte muss es daher gehen. Wir können Gott nicht einreihen neben Sommerhäuser, Autos und Bankkredit. Wenn wir von Gott sprechen, müssen wir versuchen, den tiefsten Beweggründen unseres Lebens nachzugehen. Und da werden wir finden, dass wir niemals leben, um unseren Besitztümern noch einen weiteren Besitz hinzuzufügen. In Wahrheit suchen wir uns gerade freizumachen von dieser rastlosen Sucherei nach Dingen, die wir zwar benötigen, die uns aber noch nicht sattmachen. In Wahrheit suchen wir überhaupt keinen Gegenstand, sondern einen Zustand in uns selber zu erreichen, und wir entdecken, dass wir diesen Zustand gar nicht erreichen können. Der Zustand, den wir anstreben, ist ein reines Geschenk; die Dankbarkeit, die Freude sind seine Vorboten.