Erfüllte Zeit

30. 12. 2001, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr

 

 

Aus einer Weihnachtspredigt des Augustinus

 

Christi Geburt vom Vater geschah ohne eine Mutter; Christi Geburt aus der Mutter geschah ohne einen Vater. Beide Geburten sind wunderbar. Die erste eine ewige, die zweite eine zeitliche.

 

Wann wurde er vom Vater geboren? Was heißt hier überhaupt "wann"? Erkundigst du dich dort nach einem "wann", dort, wo du keine Zeit finden wirst? Frage daher dort nicht nach einem "wann". Hier magst du danach fragen: Wann aus der Mutter? fragst du richtig. Wann aus dem Vater? fragst du nicht richtig. Er wurde geboren und hat (doch) keine Zeit; der Ewige wurde vom Ewigen als Gleichewiger geboren. Wundert dich dies? Er ist (doch) Gott. Ziehe seine Gottheit in deine Betrachtung mit ein, und du wirst keinen Grund mehr haben, dich darüber zu wundern.

 

Wenn aber von seiner Geburt aus einer Jungfrau die Rede ist - eine große Sache -, so magst du dich darüber wundern. (Bedenke jedoch:) er ist Gott. Lass deine Verwunderung fahren, gib Raum dem Lobpreis! Dein Glaube ist gefragt: glaube, dass es sich so verhält. Glaubst du nicht - dies geschah (dennoch) -, so bleibst du ein Ungläubiger. Er geruhte Mensch zu werden: Was suchst du weiter zu ergründen? Scheint es dir zu wenig, dass Gott sich für dich erniedrigt hat? Gott wurde Mensch. Eng war seine Herberge, in Windeln gehüllt, wurde er in eine Krippe gelegt. Ihr habt es vernommen, als das Evangelium verlesen wurde. Wen wundert dies nicht? Jener, der die Welt erfüllte, fand keinen Platz in der Herberge; in die Krippe gelegt, wurde er Futter für uns.

 

Es mögen die zwei Tiere an seine Krippe treten - die zwei Völker: "Es kennt" nämlich "der Ochs seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn" (Is 1,3). Achte auf die Krippe, und schäme dich nicht, ein Lasttier deines Herrn zu sein! Christus wirst du tragen, so wirst du nicht in die Irre gehen und vom Weg abkommen. Der Weg selbst (Christus) sitzt auf dir. Erinnert ihr euch an jenen jungen Esel, der dem Herrn zugeführt wurde? Niemand schäme sich darüber, dass wir damit gemeint sind. Möge der Herr auf uns sitzen und uns lenken, wohin immer er will. Wir sind sein Lasttier auf dem Weg nach Jerusalem. Sitzt er auf uns, so werden wir nicht erdrückt, sondern erhöht; führt er uns, so gehen wir nicht in die Irre. Wir gehen zu ihm, wir gehen durch ihn. (So) gehen wir nicht zugrunde.