Erfüllte Zeit

06. 01. 2002, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr

 

 

"Die Huldigung der Sterndeuter" (Matthäus 2, 1 – 12)

kommentiert von Hans Peter Premur

 

Drei Fremde gingen in den letzten Tagen durch ganz Österreich und obwohl sie sehr bizarr, und orientalisch aussahen, wurden sie in allen Häusern gerne aufgenommen und beschenkt! Obwohl ihre Hautfarbe unserer nicht gleicht, sind wir alle von ihnen restlos begeistert und fühlen uns schlecht, wenn wir sie versäumt haben - oder nicht zu Hause waren, als sie bei uns anklopften. Die Hl.3 Könige sind gemeint, die die Botschafter der Überwindung aller Freudenangst sind. Nicht nur in Österreich in diesen Tagen um den Jahresbeginn, sondern auch auf der Ebene der Hl. Schrift und der Theologie der Kirche.

 

Denn wo gibt es 3 Heilige, die gar keine "Christen" sind im ursprünglichen Sinn. Wo in der Geschichte hat die Kirche eine Freude gehabt mit Astrologen oder mit großen weisen Menschen aus einer anderen Religion? - Und dennoch gehören diese 3 Gestalten zum Herz des kirchlichen Glaubensverkündigung. Was ihre Rezeption in der Kunst in der Geschichte und im Brauchtum beweisen.

 

Was haben uns diese 3 Weisen, diese Sterndeuter zu sagen? Eine Botschaft scheint mir sehr wichtig zu sein. Die 3 Weisen aus dem Morgenland lehren uns "Schöpfungstheologie"!

 

Ich meine damit, dass uns ihr Auftreten in der Hl. Schrift zeigt, dass die gesamte Schöpfung ein Buch ist in dem man nicht nur lesen kann, sondern in dem man auch Hinweise findet für das konkrete Leben. Sie haben den Sternenhimmel gelesen und aus ihm den Weg zu Gott gefunden.

 

Der Hl. Thomas v. Aquin, der große Theologe der die kirchliche Lehre festgezimmert hat, sagte einmal über die astrale Welt: "Die Sterne zwingen nicht - sie machen geneigt." Er sagte dies im Hinblick auf die Freiheit des Menschen. Der Mensch ist nicht eingespannt in einem Computer, der sein Programm abspielt aus dem es keinen Ausweg gibt, sondern er ist vom Wesen her: frei. Dennoch gibt es viele Dinge, die uns beeinflussen - Für den Theologen Thomas gehören auch die Sterne dazu.

 

Für die Sterndeuter war dies ebenso. Sie haben aus der Schöpfung etwas ablesen können, das direkt auf Gott hinweist. Heute haben wir Christen zum Glück einen neuen Zugang zur Schöpfung gefunden. Viele Jahrhunderte hatte man sich über die "Umwelt" - wie wir heute sagen - keine großen Gedanken gemacht. Erst als uns klar wurde, dass die Welt - die Schöpfung auch ein Wesen ist, das empfindlich reagiert, wenn wir schonungslos und nicht nachhaltig mit ihr umgehen, haben wir umdenken gelernt. Das IV. Hochgebet der Hl. Messe sagt sogar: Und wenn die Schöpfung von der Verderbnis des Todes befreit ist werden wir Menschen mit ihr gemeinsam dich Gott loben...

 

Eine Botschaft unserer Wesen ist deshalb diese: Die Schöpfung als ein Buch der Offenbarung Gottes wieder lesen lernen und partnerschaftlich mit ihr umzugehen. Der andere Teil der Botschaft dieser drei Männer aus dem Morgenland ist der Hinweis auf die Weisheit der Völker.

 

Die Kirche war gut beraten, ihr Verhältnis zu den anderen Religionen wieder so halbwegs in Ordnung zu bringen. Das 2.Vatikanische Konzil hat hier - sehr spät - auf eine Verirrung der Vergangenheit reagiert. Andere Religionen sind seit damals nicht mehr diskriminiert und das Heilige in ihnen soll auch uns Ehrfurcht und Achtung einflößen. - Diese Erkenntnis kam gegen Ende des 20.Jhdts, also 2000 Jahre nach den Hl. Drei Königen.

 

Die Weisheit der Völker ist aber den meisten Christen unbekannt und viele kennen oft nur die Exportartikel von Hinduismus oder Buddhismus und deren sektiererischen Zweige. Ohne dabei von alten ehrwürdigen Traditionen je gelöst zu haben.

 

Die Geschichte unserer 3 Könige/Weisen im NT sagt uns gleichsam, dass wir keine Angst vor der Weisheit und der Tradition der anderen Völker haben sollen, denn ihre Weisheit kann uns nur helfen uns sie führt - wie wir lesen - zu Christus hin.

 

Für mich persönlich hat sich diese Erfahrung bestätigt. Meine mehrmaligen Aufenthalte in Indien und die Beschäftigung mit authentischen Traditionen haben mir sehr viel gebracht und geholfen, um manch verstaubtes kirchliches Kleinod wieder neu für meine eigene Spiritualität zu entdecken und zu nutzen.

 

Die Präsenz der drei Weisen in unserer geoffenbarten Hl. Schrift ist für mich ein wesentlicher Hinweis auf die Offenheit, die religiöse Menschen aller Traditionen haben sollten.

 

Sie ist für mich ein Hinweis darauf, dass der Dialog mit den Religionen und der Schöpfung der Kirche zwar in die Weihnachtskrippe gelegt worden ist, dass es aber nun nach 2000 Jahren an der Zeit ist, diese Botschaft der 3 Weisen auch wirklich zu erkennen.