Erfüllte Zeit

06. 01. 2002, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr

 

Der Hl. Chrysostomus über die Taufe

 

Seht ihr, wie das, was geschehen ist, wirklich eine neue Schöpfung ist? Denn die Gnade Gottes hat ihren Einzug gehalten, sie hat die Menschen umgestimmt und umgeformt und ihr Inneres anders gemacht als es vorher war. Zwar hat sie nicht die Wesensnatur verwandelt, wohl aber die Strebung des Willens. Auch lässt sie nicht mehr zu, dass die Augen des Geistes hinfort noch Urteile fällen, die die Wirklichkeit verfehlen. Vielmehr, wie wenn sie einen Dorn aus dem Auge entfernt hätte, so gewährt sie ein richtiges und genaues Sehen: Sie lässt das Böse in seiner Hässlichkeit und Missgestalt, das Gute aber in seiner ganzen Schönheit und Herrlichkeit erblicken. Habt ihr nun verstanden, wie der Herr Tag für Tag eine neue Schöpfung bewirkt? Sagt mir, wer anders denn als er hat es vermocht, die Menschen, die weithin ihr ganzes Leben mit Vergnügungen vertan, die Steine und Hölzer angebetet und diese gar für Götter gehalten haben, so zu überzeugen, dass sie auf einmal zur gewaltigen Höhe des rechten Tuns emporsteigen, dass sie all das geringschätzen und verachten, dass sie Steine als Steine ansehen und Hölzer als Hölzer, dafür aber den Schöpfer des Alls anbeten und den Glauben an ihn über alles in diesem Leben stellen?

 

Habt ihr verstanden, wieso der Glaube an Christus und der Aufstieg zum rechten Handeln neue Schöpfung genannt wird? Ich bitte euch, lasst uns alle, sowohl die, die schon längst getauft sind, als auch die, die gerade die Gnade des Herrn empfangen haben, das mahnende Wort des Apostels hören: "Das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden" (2 Kor 5, 17). Vergessen wir alles Frühere. Wie Bürger, die ein neues Leben beginnen, so lasst uns unser Leben ändern. In Wort und Tat eingedenk der Würde dessen, der in uns wohnt.

 

Aus: "Quellen geistlichen Lebens": Band 1: Die Zeit der Väter, Hg. Wilhelm Geerlings/Gisbert Greshake, Topos Taschenbücher