Erfüllte Zeit

24. 02. 2002, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr

 

 

"Die Verklärung Jesu"  (Matthäus 17, 1-9)

kommentiert von Rektor Wolfgang Schwarz

 

Das erste Bedeutsame ist, dass Mose und Elija erscheinen und dass sie mit Jesus reden. Worüber sich die drei unterhalten, wird nicht gesagt. Es fällt auf, dass sich die beiden Männer bei Jesus nicht erst vorstellen müssen, wer sie sind. Auch Petrus muss sie sofort erkannt haben, denn er nennt sie beim Namen, als er seine Absicht äußert, für Mose, Elija und Jesus Zelte aufzustellen. Und wirklich: Mit Mose tritt hier jene große Gestalt aus der Geschichte Israels auf, die auf dem Weg der Befreiung aus Ägypten hin zum verheißenen Land vom Berg Horeb dem Volk Israel die Tafeln mit dem Gesetz Gottes gebracht hat und seither mit diesem Gesetz identifiziert wurde. Der Prophet Elija wird als der letzte der Propheten angesehen, von dem es heißt, dass er nicht gestorben ist, sondern in den Himmel entrückt wurde und wiederkommen wird, bevor der Messias in die Welt tritt. Jesus ist im Mt-Evangelium der, der dem Gesetz des Mose kein Häkchen wegnehmen will, sondern den Menschen helfen möchte, das Gesetz in richtiger Weise zu leben. Die Propheten waren jene, die schon auf das Kommen und Wirken Jesu hingewiesen haben.

 

Berührend wird aber diese Begegnung mit Mose und Elija dann, wenn wir folgende Aussage Jesu im Mt-Evangelium nachlesen: "Eure Augen sind selig, weil sie sehen, und eure Ohren, weil sie hören. Amen, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört" (Mt 13,16.17). Gerechte werden jene genannt, die das Gesetz des Mose leben. Und Mose selbst ist gleichsam das personifizierte Gesetz. Für den Gerechten, Mose, und für den Propheten Elija erfüllt sich in dieser Begegnung mit Jesus eine alte Sehnsucht, ihn zu sehen und ihn zu hören.

 

Aber auch die drei Jünger, die Jesus mit auf den Berg genommen hatte, erleben etwas Bedeutsames. Für sie gilt: "Eure Augen aber sind selig, weil sie sehen, und eure Ohren, weil sie hören". Denn sie sehen nicht nur den verwandelten Jesus mit leuchtendem Gesicht und weiß strahlenden Gewändern, sondern sie bekommen auch etwas zu hören. Wir lesen: "Siehe, eine lichte Wolke überschattete sie" und "siehe, eine Stimme aus der Wolke sagt: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe: hört ihn!". Und wir lesen weiter: "Als die Jünger das hörten, fielen sie auf ihr Gesicht und fürchteten sich sehr.

 

In der Symbolsprache der Bibel heißt das, dass die Jünger Gottes Stimme hörten. Gleichzeitig erfahren sie durch die Himmelsstimme, wer in Jesus vor ihnen steht: es ist sein geliebter Sohn. In Ehrfurcht vor Gott und seinem Sohn fallen sie nieder und verneigen sich bis zum Gesicht. Jetzt wissen sie, wen sie bisher in Jesus vor sich hatten und sehen konnten. Und genauso wissen sie jetzt, warum sie auf ihn hören sollten. Und vielleicht verstanden sie jetzt auch, warum Mose und Elija da waren. Schon Mose sprach in Gottes Namen zu seinem Volk Israel, genauso die Propheten. Jetzt spricht er durch seinen Sohn. Hört ihm zu! Überhört ihn nicht und tut, was er euch sagt. Denn Israel hat Mose gehört und sein Gesetz nicht befolgt und es hat die Propheten gehört und ihre Worte nicht befolgt. Im Sohn wirbt Gott selbst um Gehör.

 

Der Verfasser des Mt-Evangeliums hat uns wie ein Reporter auf wesentliche Elemente der Erzählung von der Verwandlung Jesu hingewiesen. Durch seine Reportage konnten auch wir Zeugen seiner Beobachtungen werden. Dadurch erfüllen sich auch an uns die Worte Jesu: "Eure Augen aber sind selig, weil sie sehen, und eure Ohren, weil sie hören". Wir konnten sehen und hören.