Erfüllte Zeit

31. 03. 2002, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr

 

 

"Die Botschaft des Engels am leeren Grab" (Matthäus 28, 1 – 10)
kommentiert von  P. Arno Jungreithmayr

 

 

Das Osterfest ist jedes Jahr ein besonderer Termin, aber eigentlich feiern wir es jeden Sonntag, um durch diese Osterfeier gleichsam ein Scheit nachzulegen in unserem Osterfeuer.

 

Die biblische Erzählung bei Matthaus erwähnt als Zeichen des Ostergeschehens ein gewaltiges Erdbeben, einen Engel, der den Stein wegwälzt und mit den Frauen spricht, weiters das leere Grab und die Begegnungen mit dem Auferstandenen. Der Osterglaube gründet sich auch heute auf Zeichen, nämlich auf Hinweise in der Schöpfung, noch mehr aber auf die ersten Zeugen sowie alle österlichen Menschen im Lauf der Jahrhunderte, und nicht zuletzt auf persönliche Glaubenserfahrungen. Die Welt um uns herum gibt uns viele Zeichen, um unsere österliche Überzeugung zu bestärken: wenn da eine Krokusblume den harten Asphalt durchbricht, spricht das dafür, dass Gott einmal die harte Wirklichkeit durchbrechen wird, dass das Leben in einem kleinen Samenkorn stärker ist als eine von der Straßenwalze hartgepresste Teerschicht. - Wenn man zufällig einen Schmetterling schlüpfen sieht, beginnt man zu ahnen: das Leben ist ein Wunder, von dem wir bisher nur kleine Ausschnitte gesehen haben.

 

Was die Zeugen betrifft, sind als erste die Frauen zu nennen. Das war für die Männerkirche gewiss eine Herausforderung. Im Matthäusevangelium gehen die Frauen noch in der Dunkelheit zum Grab, um es zu betrachten, zu meditieren. Offensichtlich wollten sie Wache halten. Sie haben den Mut, in die Nacht hinauszugehen und die Trauer am Grab auszuhalten. Die Liebe glaubt immer an das Wunder; die Liebe ist stärker als der Tod. - Seit diesen ersten Zeugen bestätigten unzählige durch Wort und Tat und besonders auch durch das Martyrium, dass Jesus mit uns lebt und Kraft und Freude gibt. Cyprian von Karthago hat im 3. Jahrhundert in einem Brief an seinen Freund Donatus geschrieben: "Es ist eine schlechte Welt, in der wir leben; aber in ihrer Mitte habe ich ein ruhiges und herausragendes Volk entdeckt, das ein großes Geheimnis gelernt hat. Es sind Menschen, die Freude gefunden haben, die hundert Mal fröhlicher ist als alle weltlichen Vergnügen. Diese Menschen werden verfolgt, aber es macht ihnen nichts. Es sind Christen, Donatus, und ich bin einer von ihnen!"

 

Wie ist es nun mit den persönlichen Ostererfahrungen? Der Engel fordert die Frauen auf, sie sollten den Jüngern sagen: "Er ist von den Toten auferstanden. Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen!" Die Jünger sollten nicht in der hl. Stadt bleiben, sondern wieder heimgehen, dorthin wo sie lebten und arbeiteten. Galiläa war das Land, in dem Juden und Heiden miteinander wohnten. Galiläa steht für Mischvolk, für das Gemisch, aus dem auch unser Leben zusammengesetzt ist. Unser Leben ist Galiläa: in uns ist Gottesnahe und Gottesferne, Glaube und Unglaube, Liebe und Hass, Lebendigkeit und Starre, Licht und Dunkelheit nebeneinander. Und auch wir leben mit Menschen zusammen, die Gott suchen und mit Menschen, die sich um Gott nicht kümmern; mit Menschen, die wir lieben und anderen, die wir nicht so mögen. Mitten in diesem Gemisch werden wir den Auferstandenen schauen, so verspricht es der Engel. Mit den Augen werden wir ihn wahrnehmen. Wenn wir beobachten, wie ein Konflikt sich löst, wie ein Schmerz der Freude weicht, wie die Frühlingswiese ihre Buntheit entfaltet... Mit wachem Auge kann man das Wunder der Auferstehung sehen.

 

Ein Behinderter hat mir einmal über seinen Karfreitag und sein Ostern geschrieben: zuerst zählt er seine chronischen Schmerzen auf, schreibt von seiner Kraftlosigkeit und stellt dann fest: Mein Leben bietet mir 2 Seiten; die zweite Seite ist die, die mich leben lässt - dort, wo Beziehungen glücken, wo Mitarbeiter und Therapeuten mir Hilfestellung geben, wertvollen Freundschaften in aller Welt, dass ich atme, dass ich an Gott glaube.

 

Der Wert unseres Osterglaubens kann wohl auch daran gemessen werden, wieweit wir überzeugt sind, dass aus dem Mist, den ich produziert habe, Gott etwas Gutes erwachsen lässt, so wie aus dem größten Scherbenhaufen, dem Karfreitag, der Osterglanz aufgeleuchtet ist.

 

Im Mittelalter gingen Christen am Ostermorgen auf die Friedhöfe, um aus vollem Hals zu lachen. Sie lachten den Tod aus.

 

Das größte Fest des Kirchenjahres will alle Glaubenden mit Leichtigkeit und Freude erfüllen.