Erfüllte Zeit

25. 08. 2002, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr

 

 

"Das Messiasbekenntnis des Petrus und die Antwort Jesu"

(Matthäus 16, 13-20)

von Univ. Prof. Dr. Gerhard Bodendorfer

 

 

Der Text unseres heutigen Evangeliums ist wohl vertraut. Schließlich beruft sich die katholische Kirche bis heute auf ihn, wenn sie das Papsttum in der Nachfolge Petri allgemein und die besondere Stellung des Papstes innerhalb der Glaubensgemeinschaft als eine letztlich auf Jesus zurückgehende Einrichtung verteidigt. Tatsächlich redet der Text hier von Petrus als einer Person, die von allen anderen Jüngern herausgehoben wird. Petrus ist der Fels, auf den die Kirche gebaut ist. Die moderne Forschung ist sich weitgehend einig, dass dieses Wort nicht mehr auf Jesus selbst zurückgeht, sondern in einer Gemeinde gebildet wurde, die sich auf dem Fundament der Apostel aufbaute. In Petrus sah sie ihre ganze besondere Identifikationsfigur. Dass die Mächte der Unterwelt diese Kirche nicht überwältigen würden, sollte heißen, dass sie, die Kirche auf diesem Fundament ewigen Bestand hat. Die Schlüssel des Himmelreichs und die Binde- und Lösegewalt des Petrus erinnern an jüdische Texte, in denen von der Auslegung des Gesetzes, des rechten Weges vor Gott, durch einen Rabbi die Rede ist, die im Himmel bestätigt wird. Die besondere Aufgabe des Petrusdienstes besteht demnach darin, die rechte Auslegung der biblischen Botschaft im Lichte Jesu zu garantieren. Die Gemeinden binden sich damit auch heute zurück auf die ureigensten Anliegen Jesu und noch weiter auf die von ihm gelebte und interpretierte Bibel Israels. Dies ist umso wichtiger, als mit der Gründung der Kirche auch die grundsätzliche Trennung von der Synagoge zur Tatsache wurde. Aber der Fels, der Grundstein, ist von der Kirche grundlegend verschieden. Er bleibt, das Haus darauf aber wächst weiter. Dass aus dem Text selbst eine apostolische Sukzession des Papstamtes ableitbar ist, wird von den meisten Exegeten bestritten. Die alten Gemeinden kennen Amtsträger wie Älteste oder Bischöfe nur auf lokaler Ebene. Noch lange verstehen die Gelehrten der alten Kirche wie Origenes oder Tertullian den Felsen nicht als Hinweis auf den Bischof von Rom, sondern als auf die Vollmacht jedes vom Geist ergriffenen Jüngers Jesu. Cyprian bezog das Wort noch auf das Bischofsamt aller Bischöfe. Aber im 3. Jh. wird – nicht zuletzt im Zusammenhang mit der konstantinischen Wende, als das Christentum zur röm. Reichsreligion wird - auch das Amt des Bischofs von Rom mehr und mehr im Sinne des heutigen Papsttums in apostolischer Sukzession verstanden.

 

Wie immer man auch zum Amt des Papstes stehen mag - in und außerhalb der katholischen Kirche – der Blick auf unser Evangelium zeigt, dass der, der Jesus als Messias bekennt, Petrus, auch jener ist, der Jesus drei mal verleugnen wird. Das Fundament der Kirche ist ein ehrenwerter Apostel, aber auch ein Mensch mit Schwächen und Fehlern. Dies sollte man niemals vergessen, nirgendwo, wo die Botschaft Jesu über die Zeit in rechter Weise ausgelegt und über seine Lehre auch im Sinne eines Richters gewacht wird.