Erfüllte Zeit

12. 01. 2003, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr

 

"Die Taufe Jesu" (Markus 1, 7 - 11)

Kommentar: Pfarrer Markus Plöbst

 

 

Ein Text von Wilhelm von Saint-Thierry

 

 

Pfarrer Markus Plöbst

Mit der Taufe des Herrn endet die Weihnachtszeit. Man könnte aber auch sagen, sie erreicht - neben der Geburt Jesu - den eigentlichen Höhepunkt, weil Jesus von Gott Vater als Sohn und von Johannes als Prophet anerkannt wird. Es geht nicht nur darum, dass Jesus geboren wurde, es ist auch wichtig, dass er anerkannt und berufen wird. Damit beginnt Jesu öffentliches Wirken.

Im Augenblick der Taufe öffnet sich der Himmel. Durch unsere Taufe werden wir mit Christus in dieses göttliche Geschehen hineingenommen. Dies ist uns vielleicht nicht immer bewusst, ebenso wie es den Menschen am Jordan damals nicht bewusst war. Um zu verstehen, müssen wir aber den Bogen bis zur Kreuzigung Jesu spannen. Bei der Taufe Jesu spricht die Stimme aus der Wolke: „Du bist mein geliebter Sohn.“ Diese Aussage wird vom römischen Hauptmann bei der Kreuzigung Christi bestätigt: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.“ Zwischen diesen beiden Aussagen aber liegen drei Jahre, in denen Jesus öffentlich gewirkt hat.

So darf ich Ihnen drei kurze Gedanken mitgeben:

Der erste:

Wenn wir unsere Kirche betreten, sehen wir jeweils an den Eingängen ein Weihwasserbecken. Dass diese dort stehen, hat guten Grund: Die Finger mit Weihwasser zu benetzen und sich dann zu bekreuzigen, soll uns beim Betreten der Kirche Gottes an unsere eigene Taufe erinnern. Wenn wir dann in der Kirche gemeinsam singen und beten, soll uns bewusst sein, dass wir in einer Gemeinschaft der Getauften leben und damit Jesus als den Getauften in unserer Mitte anerkennen. Mit ihm gehen wir seinen Weg bis zum Kreuz und erleben auf diesem Lebensweg all das, was auch Jesus gepredigt und in seinem Leben gewirkt hat, und zwar so, wie wir es in den Evangelien auch lesen können. Die Stimme aus der Wolke gab uns den Auftrag, auf ihn zu hören und wir sollen versuchen, unser Leben im Sinne dieses Evangeliums Christi zu gestalten, bis auch wir zur Stunde unseres Todes gelangen, in der wir mit Christus sterben und mit ihm auferstehen werden. Aber auf diesem Weg sollen wir uns auch jeweils unserer Berufung erinnern. Dieses Wasser, das unsere Seelen reinigt und das so manchem verdorrten Herzen neue Kraft gibt, ist das lebendige Wasser des Glaubens.

 

Mein zweiter Gedanke bezieht sich auf die Kindestaufe.

Immer wieder wird die Frage gestellt, weshalb Menschen bereits als kleine Kinder getauft werden. Sie sollten sich doch, so meinen manche, erst als Erwachsene ihren Glauben aussuchen können! Diesem oft genannten Argument steht die Tatsache gegenüber, dass sich ein Kind weder Eltern, Land noch die Kultur aussuchen kann, in die es hineingeboren wird. Verantwortungsbewusste Eltern erziehen bekanntlich ihre Kinder. Das heißt, sie geben ihren Kindern vom ersten Augenblick ihres Daseins sich selbst mit; sie teilen mit ihnen Freud und Leid und lehren sie das, wovon sie auch selbst überzeugt sind. Sie sprechen mit ihren Kindern von der ersten Sekunde ihres Lebens an in der Sprache, die auch die Mutter spricht, und niemand würde ernsthaft die Behauptung aufstellen, dass man bei der Sprache solange zuwarten müsse, bis sich ein Kind seine Sprache selbst aussuchen kann. Die Taufe ist ein Geschenk, das uns Menschen von Gott gegeben ist. Genau so, wie man ein Geschenk wieder weglegen kann, kann man sich früher oder später auch gegen Gott und/oder seine Eltern entscheiden. Um sich jedoch überhaupt für oder gegen etwas entscheiden zu können, ist eine mögliche Vorgabe wesentlich und notwendig.

 

Mein dritter Gedanke bezieht sich auf Johannes den Täufer.

Die Erwartungshaltung, die Johannes der Täufer zum Ausdruck bringt, ist hoch. Er erwartet einen sehr strengen Messias. So kündet er ihn auch an. Dieser Johannes - der Gerechte, der den Menschen in nahezu apokalyptischer Ausdrucksweise das Gericht Gottes vor Augen hält - sieht in seinem Nachfolger, Jesus von Nazareth, eine Steigerung seines Handelns und Verkündens. Jesus entspricht aber nicht seinen Erwartungen. Johannes aber hat die Größe, einen Schritt zurückzutreten und Jesus von Nazareth jenen Platz zu geben, der ihm zugedacht ist. Dieser große Johannes der Täufer ist der erste, der die Stimme aus der Wolke für sich in Anspruch nimmt und auf diese Stimme hört. So wird

aus einem Vorgänger ein Nachfolger.

 

 

Ein Text von Wilhelm von Saint-Thierry

Wenn wir irgendein Geschöpf so lieben, dass wir es nicht in Beziehung zu Dir bringen, sondern in sich genießen wollen, bleibt unsere Liebe nicht wirklich Liebe, sondern wird zur ichbezogenen Begehrlichkeit, zur sinnlichen Begierde oder zu etwas Ähnlichem. Sie verliert nicht nur ihre Freiheit, sondern auch den Glanz ihres Namens. [...]

Darin besteht im Grunde jede seiner [des Menschen] Sünden: dass er auf verkehrte Weise genießt und auf verkehrte Weise gebraucht. Er liebt dann irgend etwas oder einen Menschen oder sich selbst ohne Bezug zu Dir, sondern will die Dinge, die Menschen und sich selbst an sich genießen.

Der Mensch soll sich des anderen Menschen und seiner selbst erfreuen, aber in Dir. Dich aber, Du Leben aller Leben und Gut aller Güter, soll er in Dir und in sich genießen.

Das ist die lebendige und lichtvolle Liebe. Sie ist frei von der Verderblichkeit und macht von ihr frei. Je reiner sie ist, desto süßer ist sie in der Erfahrung; je stärker, desto beständiger in der Wirkung.