Erfüllte Zeit19. 01. 2003, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr
"Die ersten Jünger" (Johannes 1, 35-42) Kommentar: Pfarrer Markus Plöbst
Kostenvoranschlag für den Krieg
Links zum Thema ungerechte Wirtschaftsstrukturen:
Das
Weihnachtsfest ist vorüber. Christus der Retter ist geboren. Am
vergangenen Sonntag haben wir von der Taufe Jesu und von seinem
ersten öffentlichen Auftreten gehört. Aber wie geht es jetzt
weiter? Heute hören wir von der Berufung der ersten Jünger und dem
Weg des „Wissens“ zum „Glauben“. Dieser erfolgt dem heutigen
Evangelium entsprechend in drei Stufen. Er
beginnt mit Johannes dem Täufer, der Jesus als das „Lamm
Gottes“ verkündet. Können
wir uns unter dem „Lamm Gottes“ etwas vorstellen? Von Anfang an
wird Christus als das „Lamm Gottes“ von Johannes bezeugt. Dieser
mit einem Umhang aus Kamelhaaren bekleidete Mann ruft in der Wüste,
dass sich die Menschen bekehren sollen, dieser Mann verkündet den
nahen Messias als „Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünden der
Welt“. Zweimal spricht Johannes der Täufer vom „Lamm Gottes“
ohne zu erklären, was er damit meint. Dieses
sehr einprägsame Bildwort möchte ich gerne erklären, auch wenn es
- oder vielleicht gerade, weil es uns aus der Heiligen Messe bestens
bekannt ist. Diese Erklärung der Person Jesu wird dem Leser wie ein
Programm durch das Johannesevangelium mitgegeben. Jesus ist das
„Lamm Gottes“. Diese Anrede knüpft an das vierte
Gottesknechtslied aus dem Buch Jesaja an. Dort heißt es, dass der
Gottesknecht wegen unserer Verbrechen durchbohrt wird und unsere
Leiden auf sich nimmt. Er wird mit einem
Lamm verglichen, das zur Schlachtbank geführt wird. Er tut
den Mund nicht auf. Dieses alttestamentliche Bild vom „Lamm
Gottes“ überträgt Johannes von Anfang an auf Jesus. Damit ist
Jesus die Erfüllung der messianischen Verheißung. Es
gibt aber eine Weiterführung dieses Bildes und zwar im Paschafest
in Erinnerung an den Auszug aus Ägypten. Christus ist dieses
Paschalamm, der in der Chronologie des Johannesevangeliums genau in
jener Stunde am Kreuz stirbt, als im Tempel die jüdischen Paschalämmer
geschlachtet werden. Jetzt werden die beiden Bilder überlagert,
denn Jesus, das Lamm Gottes, wird von der Lanze durchbohrt und an
ihm wird kein Bein zerbrochen. Jesus ist der Messias, der am Kreuz
durch seinen Tod die Schuld der Menschen hinwegnimmt und
verherrlicht wird. Um
diese theologisch so dichte Bezeichnung Jesu sollte man wissen. Sie
ist wie eine Ouvertüre an den Beginn des Evangeliums gestellt und
wirft von Anfang an einen Ausblick auf das Ende. Dieser wahre Gott,
der Mensch geworden ist, gibt in seiner Liebe zu uns Menschen nicht
etwas, er gibt sich ganz hin, bis zur letzten Konsequenz, dem Tod am
Kreuz. So steht es geschrieben. Wer die Schrift gelesen hat, weiß
das. Oder andersherum: „Wer die Schrift nicht kennt, kennt
Christus nicht.“ Wie der heilige Hieronymus sagt. Damit
unterscheidet sich Jesus von Anfang an von den falschen Propheten.
Auf dieses Wort des Johannes hin und im Wissen um die Bedeutung
dieser Bezeichnung folgen die ersten Jünger Jesus nach. Es sind, im
wahrsten Sinn des Wortes, die ersten Schritte zum Glauben. Die
zweite Stufe ist die Anerkennung Jesu als Rabbi. Wir
alle kennen die Geschichte, wie die zwei Jünger Jesus folgen und er
diese fragt: „Wonach sucht ihr?“ Die beiden Jünger fragen nach
dem Wohnort. Jesus antwortet sehr lapidar: „Kommt und seht.“ Er
lädt sie ein, zu sich zu kommen. Damit ist aber offensichtlich
nicht nur die häusliche Bleibe gemeint, sondern die geistige
Positionierung. Diese heißt: „Sich selbst zu öffnen.“ Die
beiden Jünger sprechen Jesus vorerst mit Rabbi an. Sie betrachten
ihn als Meister und Lehrer. Die beiden wollen offensichtlich wissen,
was es mit diesem Lamm Gottes auf sich hat. Sie wollen von ihm
lernen. Was besprochen wurde, wissen wir nicht, wir kennen aber das
Ergebnis dieser Unterredung. Die Schüler sollen nicht nur
irgendetwas von ihm wissen. Es genügt nicht, über ihn zu hören,
wer er ist. Die
Begegnung mit dem Lamm Gottes ist mehr als eine intellektuelle
Unterhaltung. Dieses Gespräch ist nichts anderes als eine
Gottesbegegnung. Die beiden Männer gehen Jesus existenziell nach.
Sie gehen buchstäblich in seine Nachfolge. Nur so haben sie
Gelegenheit, mit ihm selbst zu reden. Sie waren einen ganzen Tag
lang bei ihm. Einen Tag lang eine Begegnung mit Gott zu haben, genügte,
dass sie ihr ganzes Leben verändert haben. Sie haben nicht nur
etwas gesehen, sie sind zur Einsicht gekommen. Diese Erkenntnis ist
nicht eine Teilerkenntnis, sie betrifft den Menschen in seiner
Gesamtheit. So wird aus dem Lehrer Jesus der Christus - der
Gesalbte, nach dem beide von nun an ihr ganzes Leben ausrichten. Aus
dieser Begegnung wuchs die Erkenntnis, dass Jesus der Messias ist.
Nun hatten sie selbst die Glut der Liebe in den Augen und das Feuer
in ihren Herzen und bekannten ihren Glauben ihren Freunden. Die
dritte Stufe ist die Verkündigung Jesu als der Messias. Dieser
Glaube hat jedoch Folgen. Einer der beiden Jünger ist Andreas. An
ihm wird sichtbar, wie aus einem Schüler ein Glaubenszeuge wird. Er
glaubt an den Messias, den verheißenen Retter. Wer an ihn glaubt,
verkündet ihn. So lange haben sie auf den Messias gewartet. Nun
verkündet Andreas den, den er aus dem Gottesknechtslied bereits
gekannt hat. Andreas hat den gefunden, von dem er bereits gewusst
hat. Auf seine Art und Weise tritt er nun an die Stelle des Täufers.
Er verkündet den Messias und führt Petrus zu Jesus. Nun beginnt
sich das Rad weiter zu drehen. Aus der Begegnung mit Jesus wird
Simon zu „Petrus, dem Fels“. Dieser
Fels ist das Fundament der Kirche. Ein Ort, an dem Jesus gelehrt und
an dem ihm begegnet wird. Das Wissen um ihn schafft Neugierde auf
die Begegnung. Die Begegnung schafft Erkenntnis. Erkenntnis schafft
Nachfolge. Ein Nachfolger legt Zeugnis ab. Dieses hat Folgen und
wiederum Nachfolger. Wenn
wir dieses Evangelium lesen und in seiner Tiefe erkennen, wissen wir
eigentlich, was wir zu tun hätten.
Das “Corpus der Sünde” besteht nun aus den
“Gliedern” der Laster. Dazu gehört, was in Tat, Wort und
Gedanken gesündigt wird. Diese Glieder werden als „auf der
Erde“, als „irdisch“ bezeichnet, was ganz folgerichtig ist,
denn die Lasterhaften können wohl kaum von sich sagen: „Unser
Wandel ist im Himmel“ (Phil. 3, 20). Der Apostel Paulus nennt u. a. die Habsucht, den
Geiz (avaritia) als „Glied am Sündenkörper“. Damit will er
zweifellos zeigen, dass man nicht nur darauf verzichten müsse, zu
begehren, was einem nicht zusteht, sondern dass man auch den eigenen
Besitz großherzig gering schätzen müsse. In dieser Gesinnung
lebte die frühe Kirche, wie wir in der Apostelgeschichte lesen:
„Die Menge der Glaubenden war ein Herz und eine Seele, und keiner
nannte etwas von dem, was er besaß, sein eigen, sondern es war
ihnen alles gemeinsam. Wer Äcker oder Häuser besaß, verkaufte
diese und brachte den Erlös den Aposteln. Den Einzelnen aber wurde
gegeben, wie es jeder bedurfte“ (Apg. 4, 32. 34 – 35). Damit man nicht meine, das sei eine Vollkommenheit für
nur Wenige, lehrt der Apostel, dass avaritia (Geiz, Habsucht,
Geldgier) Götzendienst sei. In der Tat! Wer immer den Bedürfnissen
der Armen nicht abhilft und sein Geld, auf dem er mit der Hartnäckigkeit
des Ungläubigen sitzt, den Geboten Christi vorzieht, der ist ein Götzendiener,
denn (und das ist das Gemeinsame aller Sünden): seine Hinneigung zu
einer Sache dieser materiellen Welt ist ihm wichtiger als die göttliche
Liebe. Kostenvoranschlag
für den Krieg Seit
Wochen wird im Golf aufgerüstet. Rund 150 000 US-amerikanische
Soldaten sollen dort
positioniert werden, und niemand weiß, ob und wann der Krieg gegen
den Irak beginnen wird. Die Menschen im Irak erleben den vierten
Krieg innerhalb von ein paar Jahrzehnten; das letzte Mal warfen vor
11 Jahren im Golfkrieg
Flugzeuge der westlichen Allianz ihre Bomben auf irakische Städte
ab. Dass Saddam Hussein ein Diktator der übelsten Sorte sei, ist für
viele offensichtlich. Aber es steht auch außer Zweifel, dass es
eine Menge anderer überaus übler Diktatoren gibt. Die Vermutung
liegt nahe, dass die USA vor allem am irakischen Öl interessiert
sind, wobei sogenannte Kollateralschäden, sprich tote, verwundete
und verstümmelte Zivilisten und die Zerstörung von Häusern und
Infrastruktur als selbstverständlich gelten. Rund
100 Milliarden Euro wird der Krieg kosten, sagt UN-Waffeninspektor
Blix, das ist eine Zahl mit elf Nullen hintendran, unvorstellbar
viel. Damit verglichen ist das, was die Dreikönigsaktion in Österreich
in den fast 50 Jahren ihres Bestehens gesammelt hat, lächerlich: es
sind bloß 200 Millionen Euro. Soviel kosten die US-Truppen, die
jetzt am Golf stehen, in zwei Tagen, schätzt man. Papst
gegen Krieg Solche
Überlegungen sind politisch, und politisch Lied ist garstig Lied,
heißt es, und überhaupt, was hat das mit Religion zu tun. Papst
Johannes Paul II. hat diese Sorge nicht. Er äußert unmissverständlich,
was er von einem Krieg gegen den Irak hält. Er sagt: Ein Präventivkrieg,
der geführt wird, um die wirtschaftlichen Interessen und die
Machtansprüche des eigenen Landes zu schützen, ist ungerecht. Denn
es ist ein Krieg, der aus Egoismus geführt wird und daher kein
Verteidigungskrieg ist. Damit sagt der
Papst auch: das Recht von Menschen auf ein Leben in
Sicherheit, ohne Hunger, auf ein Leben in Würde hat Vorrang vor ökonomischen
Interessen. Die Wirtschaft soll den Menschen dienen. „Wirtschaft“
ist ein sehr abstraktes Wort: die Wirtschaft wird von Menschen
gemacht, und es sind ganz konkrete Menschen, die sagen, welche Ziele
wirtschaftlich wichtig sein sollen. Und offensichtlich ist das Leben
von Menschen in Würde und unter guten Bedingungen nicht so wichtig
– vor allem dann nicht, wenn diese Menschen irgendwo außerhalb
der industrialisierten Länder wohnen. Zum
Beispiel haben mehr als eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu
sauberem Wasser. Das Problem wäre mit ca. 17 Milliarden Euro zu
beheben. Das klingt nach einer riesigen Summe, aber im Vergleich zu
den ungefähr 800 oder 1000 Milliarden Euro, die die Vereinigten
Staaten pro Jahr für die militärische Rüstung verwenden, ist das
ein Klacks. Die Wasserversorgung wird statt dessen vielfach
privatisiert – aber wie sollen die 1,2 Milliarden Menschen, die
nur einen Euro am Tag verdienen, für Wasser Marktpreise zahlen? Und
- warum sollen sie überhaupt zahlen? Wer verdient daran, Wasser zu
verkaufen? Vielleicht wird man ja auch irgendwann einmal die Luft
zum Atmen verkaufen? Sündhafte
Strukturen Vordergründig
hat das mit dem Krieg gegen den Irak nichts zu tun. Doch dahinter
steckt dieselbe Haltung. Strukturelle Sünde nennen das die
Theologen. Das heißt: Spenden ist gut, aber zuwenig. Es geht um die
Ziele, die sich eine Gesellschaft setzt, um die Werte, gerade in der
Wirtschaft. Deshalb unterstützt die Dreikönigsaktion auch Gruppen,
die sich gegen den Ausverkauf öffentlicher Dienste wie
Wasserversorgung, Gesundheit usw. engagieren. Sternsingen allein ist
zuwenig, man muss dem Stern auch folgen, der einem den Weg zeigt.
|