Erfüllte Zeit16. 03. 2003, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr
"Die Verklärung Jesu" (Markus 9, 2 - 10) Kommentar: Pfarrer Johannes Gönner
Wenn ein Mensch stirbt und begraben wird, dürfen wir nicht sprachlos sein, soll sein Leben noch einmal zur Sprache kommen. Immer noch kenne ich hier als Pfarrer manche Verstorbene nicht, oder konnte sie zumindest nicht kennen lernen, solange sie noch im Vollbesitz ihrer körperlichen und geistigen Kräfte waren. Also erzählen mir die nächsten Verwandten über ihre Persönlichkeit und ihr Leben.
Natürlich wird da manches verklärt, natürlich höre ich in diesen Gesprächen fast nur Gutes. Mit einfachen oder auch sehr anschaulichen Worten zeichnen sie mir dann wunderbare Persönlichkeiten. Menschen, denen ich gerne begegnet wäre. Dabei hat mir tags zuvor vielleicht jemand etwas wie „Alkoholiker“ zugeraunt. Oder: „s’ Arbeiten hat’s nicht erfunden“. Oder: „Ein sturer Hund hat der sein können!“ Und trotzdem vertraue ich dem Bild der Verwandten und Freunde mehr.
Bei aller Verklärung: Ob das nicht dem Bild eines Menschen, wie Gott selbst ihn jetzt vor Augen hat, viel näher kommt als der „faule Alkoholiker“ oder der „sture Hund“! Sie haben ihn sicher auch nicht immer so behandelt, wie es die verklärte Gestalt verdient hätte. Und trotzdem glaube ich, dass dieser Blick tiefer geht: “Im Grunde warst du so, und manchmal warst du es auch wirklich - durch und durch - und dankbar sind wir dir für diese kostbaren Augenblicke!“
Wer kennt dich besser? Dein Bruder, der immer schon alles von dir weiß, dem du nichts vormachen kannst... Oder jemand, der sich in dich verliebt hat: der natürlich ahnungslos ist, der den Blick für die sogenannte „Realität“ gar nicht haben will - der noch seine blauen Wunder mit dir erleben wird - der viel mehr sieht, wer du sein könntest - als wer du tatsächlich bist.
Und trotzdem: Nichts ist hellsichtiger als das verklärte Bild - auch wenn du darauf allein niemals ein gemeinsames Leben aufbauen kannst! Die Apostel kennen Jesus auch anders:
„Lass die Toten ihre Toten begraben!
Du aber lass deinen toten Vater zurück und folge mir!“ Manchmal
stimmt ja alles, ist alles gut, sind sie glücklich mit ihm.
Manchmal sind sie mit ihm zu Taten fähig ... sie - die
Fischer! Aber dann drängt sich wieder die Frage auf:
Da nimmt er drei von ihnen mit auf einen markanten Berg. Drei, damit sie nachher sicher sein können, nicht geträumt zu haben. Und er ist plötzlich großartiger als jeder liebe Verstorbene! Durch und durch so wunderbar - wie er es war in den größten Augenblicken in den Dörfern, die sie mit ihm erlebet haben. Oder wie in dem Augenblick, als er dem Jairus seine Tochter lebendig zurück gab - auch dort hat er diese drei mitgenommen. Er versetzt sie in Begeisterung - sie dürfen ihn sehen, wie Verliebte einander sehen. Und Moses und Elija sind mit ihm. Die stehen für den langen Weg, den Gott mit seinem Volk schon gegangen ist. Wenn die hinter Jesus stehen, dann ist es gut so, dann ist er es wirklich. Und dann wird er es für sie auch bleiben, wenn sie vom Berg wieder hinunter müssen.
Sich ein „realistisches“ Bild von
einem nahem Menschen zu verschaffen - manchmal ist das ganz nützlich.
Wichtiger aber sind die Augenblicke, in denen wir ihn - fast
- mit den Augen Gottes sehen dürfen.
(aus:
„Verwundet bin ich und aufgehoben“, Kösel-Verlag) Mich
nicht überfordern meiner
inneren Herzensstimme trauen Auf
die Länge nichts tun was
nicht von Herzen her kommt Bereit
sein Konsequenzen auszuhalten mir
selber gegenüber Treusein So
allein kann ich mich einbringen zum
Wohl der Gemeinschaft Mitten
im Entscheidungsprozess meine
ganze Ambivalenz spüren wo
soeben noch Klarheit und ein
sicheres Gefühl sich mir zeigte herrschen
nun Verunsicherung und Ängste Da
mir wohlwollend begegnen ist
unglaublich schwer Atem
Gottes begleite
mich indem
ich in mein Verspanntsein hineinatme
und dadurch meinen Kopf entlaste um
mit Leib und Seele zu vertrauen dass
die Lösung meiner Fragen schon
in mir ist und
sich in Übereinstimmung mit
meiner Tiefe zeigen wird Allen
Widersprüchlichkeiten zum Trotz traue
ich dem Hinweis Gottes in mir Der
Schrecken der Traumbilder ist
noch fest in meinen Knochen mein
tiefes Ein- und Ausatmen nimmt
diese Erfahrung wohlwollend ernst Das
Dunkle, die Angst der
Schrecken, das Unerlöste wird
immer zu meinem Leben gehören Glücklich
werde ich im Wahrnehmen dieser
Wirklichkeit damit
sie verwandelt werden kann Das
Staunen über den Tau am Morgen die
Blumen, die sich öffnen das
Anschauen meines Gesichtes das
Betrachten meiner Hände sind
Ausdruck der
anderen Seite meines Lebens der
Leichtigkeit des Seins Leere Fülle Angst
Vertrauen
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