Erfüllte Zeit

13. 04. 2003, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr

 

"Das Leiden und der Tod Jesu"

(Markus 11, 1 - 10)

Kommentar: Dr. Herbert Meßner

 

Text von Papst Johannes XXIII.

 

 

Dr. Herbert Meßner

Markus 11, 1 - 10

 

Das Evangelium vom Palmsonntag hören wir nicht nur, wir spielen es. Wir nehmen Zweige und schön geschmückte Palmbuschen und gehen damit von einem bestimmten Ort in unserer Kirche, als ob diese die Stadt Jerusalem wäre. Dabei singen wir wie damals die Begleiter Jesu und die Kinder den Ruf "Hosanna!", was soviel bedeutet wie "Hilf doch!"

 

Ich finde es toll, dass wir dieses Evangelium nachspielen. Damit fühlen wir uns tiefer hinein, als wenn wir es nur hören. Es steckt allerdings auch eine Gefahr hinter diesem Spiel der Palmprozession: Die Rollen könnten zu sehr festgelegt sein. Wir tun ganz automatisch so, als seien wir alle auf der Seite Jesu, der selbstverständlich bei uns einzieht. Das Evangelium will uns aber zunächst einmal kritisch fragen, ob dies überhaupt so ist.

 

Wie war es denn damals in Jerusalem? Da waren die von Jesus begeisterten Festpilger aus Galiläa, die ihn wie den Messias in die Stadt hinein begleiteten. Manche von ihnen wollten sogar mehr als Jesus selbst: die rasche Wiederherstellung eines Großreiches wie zur Zeit des Königs David 1000 Jahre zuvor. Andere hatten Angst vor solchen Bewegungen, vor Unruhen. Sie wollten sich nicht stören lassen. Gerade diese waren es, die dann auf die Hinrichtung Jesu drängten.  Und dann waren sicher viele, denen der Einzug des Festpilgers Jesus, der wie so viele aus Galiläa nach Jerusalem zum Pessachfest kam, zunächst einmal gleichgültig war.

 

Auch heute wird Jesus bei uns seine Anhänger finden, aber auch Menschen, die sich von ihm und seiner Botschaft ihr Leben lieber nicht durcheinander bringen lassen. Und schließlich scheint zumindest äußerlich die Zahl jener groß zu sein, die dem Glauben an Jesus eher gleichgültig, neutral oder distanziert gegenüber stehen. Wo gehören wir eigentlich wirklich hin?

Im Text des Evangeliums fällt auf, dass es hauptsächlich um den Esel geht, auf dem Jesus dann in die Stadt hinein reitet. Warum betont der Evangelist dies so? Jesus will ein Zeichen setzen. Im Gegensatz zu früher will er durch sein Auftreten an den erwarteten Messias erinnern. Er tut dies allerdings auf dem friedlichen Esel, nicht auf dem für Kriegszwecke verwendeten Pferd. Er will ein Friedenskönig sein, ein demütiger Herrscher, einer, der dient. Wie es der Prophet Sacharja in einem Bild angekündigt hatte. Wichtig ist auch der Ort, von dem Jesus nach Jerusalem zieht. Es ist der Ölberg, den die gleichen Schriften des Propheten Sacharja als Ort ansehen, auf dem die Füße des Herrn beim entscheidenden Kampf stehen werden. Der Ölberg ist der Standpunkt Gottes!

 

Jesus setzt also Zeichen, die ihn als Messias ausweisen, ohne dass er alle verschiedenen Erwartungen, die man in den Messias setzte, erfüllen kann. Doch er ruft die Menschen von Jerusalem in die Entscheidung. In den nächsten Tagen wird sich abzeichnen, dass sich führende Leute gegen ihn entscheiden und er durch Leid und Tod hindurch muss.

 

Der Palmsonntag ist ein schöner Tag mit seinem gespielten Evangelium. Er ist aber bis heute ein Tag, der uns in die Entscheidung ruft für ein gelebtes Evangelium, für ein Leben nach dem Modell von Jesus Christus.

 


Papst Johannes XXIII.

aus: Enzyklika “Pacem in terris”

 

Es ist angezeigt, daran zu erinnern, dass Flüchtlinge mit der Würde einer Person ausgestattet sind und dass ihnen die Rechte einer Person zuerkannt werden müssen. Diese Rechte können die Flüchtlinge dadurch, dass sie des Bürgerrechtes ihrer politischen Gemeinschaft beraubt wurden, nicht verlieren.

Zu den Rechten der menschlichen Person gehört es auch, sich in diejenige Staatsgemeinschaft zu begeben, in der man hofft, besser für sich und die eigenen Angehörigen sorgen zu können. Deshalb ist es Pflicht der Staatslenker, ankommende Fremde aufzunehmen und, soweit es das wahre Wohl ihrer Gemeinschaft zulässt, dem Vorhaben derer entgegenzukommen, die sich einer neuen Gemeinschaft anschließen wollen.

 

Und wir möchten nicht unterlassen, alle rechtschaffenen Menschen lobend hinzuweisen auf jene internationalen Einrichtungen, die auf diesem wichtigen Gebiet alle ihre Kräfte einsetzen. Anderseits sehen wir nicht ohne großen Schmerz, dass in den wirtschaftlich gut entwickelten Staaten ungeheure Kriegsrüstungen geschaffen wurden und noch geschaffen werden und dass dafür die größten geistigen und materiellen Güter aufgewendet werden. So kommt es, dass die Bürger dieser Nationen keine geringen Lasten zu tragen haben und andere Staaten, die sich wirtschaftlich und sozial entwickeln sollten, der notwendigen Hilfeleistungen entbehren.

Als rechtfertigenden Grund für diese militärische Rüstung pflegt man anzugeben, dass unter den gegenwärtigen Umständen der Friede nur durch das Gleichgewicht der Rüstungen gesichert werden kann. Die militärische Rüstungssteigerung an einer Stelle hat also zur Folge, dass auch anderswo das Bestreben aufzurüsten zunimmt. Und wenn eine Nation mit Atomwaffen ausgerüstet ist, gibt dies anderen Nationen Anlass, dass auch sie sich solche Waffen mit gleicher Zerstörungskraft zu verschaffen suchen. Infolgedessen befinden sich die Völker beständig in Furcht, wie vor einem Sturm, der jeden Augenblick mit erschreckender Gewalt losbrechen kann. Und das nicht ohne Grund, denn an Waffen fehlt es tatsächlich nicht. Wenn es auch kaum glaublich ist, dass es Menschen gibt, die es wagen möchten, die Verantwortung für die Vernichtung und das Leid auf sich zu nehmen, die ein Krieg im Gefolge hat, so kann man doch nicht leugnen, dass unversehens und unerwartet ein Kriegsbrand entstehen kann.

 

Deshalb fordern Gerechtigkeit, gesunde Vernunft und Rücksicht auf die Menschenwürde dringend, dass der allgemeine Rüstungswettlauf aufhört; dass ferner die in verschiedenen Staaten bereits zur Verfügung stehenden Waffen auf beiden Seiten und gleichzeitig vermindert werden; dass Atomwaffen verboten werden; und dass endlich alle auf Grund von Vereinbarungen zu einer entsprechenden Abrüstung mit ,wirksamer gegenseitiger Kontrolle gelangen. "Es darf nicht gestattet werden", mahnte unser Vorgänger seligen Andenkens Pius XII., "dass das Grauen eines Weltkrieges mit seiner wirtschaftlichen Not, seinem sozialen Elend und seinen sittlichen Verirrungen zum drittenmal über die Menschheit komme".