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Erfüllte Zeit29. 02. 2004, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
„Die Versuchung Jesu“ Lukas 4, 1- 13 von Pfarrer Nikolaus Krasa „Sagen sie, ist der Versucher nun leibhaft an Jesus herangetreten oder nicht.“ Ich kann mich noch gut an diese Frage erinnern, die mir, damals Student am Anfang des Theologiestudiums, Prof. Kremer in einer Prüfung über das Neue Testament gestellt wurde. Ich werde ihnen nicht verraten, was ich damals geantwortet habe. Die Frage scheint mir wichtig. Wie soll man sich die Szene vorstellen, die wir da gerade gehört haben?
Der Teufel, der mit Bocksbeinen, schwarzem Fell, Hörndln und leisem Schwefelgeruch um Jesus herumtanzt um ihn von seinem Weg abzubringen. Eine Szene wie die gerade gehörte passt so gar nicht in unsere nüchtern gewordene Welt.
Und doch: die Szene ist entscheidend, geht es doch um den eigentlichen Beginn des Lukasevangeliums. Mit der Versuchung Jesu geht es so richtig los. Kein Zufall, dass die Versuchungen selbst ein bisschen etwas vom zukünftigen Weg Jesu verraten: von der Wüste (die erste Versuchung beginnt mit dem Hunger Jesu) über den Berg (die zweite Versuchung spielt auf einem hohen Berg) bis nach Jerusalem (vom Tempel soll sich Jesus in der dritten Versuchung hinunterstürzen).
Kein
Zufall wohl auch, dass in der Schilderung des Lukasevangeliums der
Teufel in der Jüngergemeinschaft und für Jesus erst in der Nacht
vor der Passion in Getsemani wieder aktiv werden wird. Also: so
etwas wie eine sehr gewichtige Einleitung, was wir da gehört haben,
grundlegende Erfahrung Jesu. Aber: wie diese grundlegende Erfahrung
Jesu verstehen, für uns greifbar werden lassen?
Am
einfachsten wohl, indem wir uns die Einleitung der ganzen Geschichte
etwas genauer anschauen. Lukas setzt hier einige Begriffe, die
entweder für sein Evangelium von besonderer Bedeutung sind oder die
schon eine gewichtige biblische Vorgeschichte haben. Und diesen
Worten wollen wir nachgehen.
Da ist zunächst einmal die Wüste. Lukas verbindet sie mit einer Zeitangabe: 40 Tage, sagt er, hält sich Jesus in der Wüste auf, bis er versucht wird. Das erinnert an die Urerfahrung Israels. Die dauert zwar nicht 40 Tage, aber die Zahl 40 spielt eine Rolle. Es sind ganze 40 Jahre, die sich das Volk in der Wüste aufhält, 40 Jahre vom Auszug aus Ägypten bis das Volk den Jordan überquert, das gelobte Land in Besitz nimmt. 40 Jahre lang unterwegs.
Und
die Bibel schildert, wie oft Israel an der Mühe dieses Weges irre
wird, an Gott zu zweifeln beginnt, ob bei der Nahrung (die
Geschichte vom Mannawunder und von den Wachteln in der Wüste ist
ihnen wahrscheinlich bekannt), beim Wasser (mehrmals lässt Mose
Wasser aus dem Felsen strömen), oder noch grundlegender an der
Frage ob Gott wirklich das Kommando hat, oder man sich nicht doch
vielleicht besser anderweitig um Hilfe umsehen muss –
sie wissen schon, die Geschichte vom Goldenen Kalb.
Wüste
als Ort der Versuchung also – als Ort, an dem Menschen an ihre
Grenzen kommen. Wüste
hat aber noch einen zweiten Aspekt in der Tradition Israels. Die Wüstenzeit
ist jene Zeit, in der das Volk seinen Gott kennen lernt, wie die
Propheten sagen, der Ort an dem die Liebesgeschichte zwischen Gott
und seinem Volk beginnt.
Und
genau diese beiden Erfahrungen Israels macht auch Jesus in der Wüste,
und damit sind wir wieder im heutigen Evangelium. Er kommt an seine
Grenzen, wird versucht, ihm stellt sich im letzten die selbe Frage,
mit der sich Israel auf seinem Wüstenweg herumschlagen muss, damit
eigentlich die Grundversuchung des Menschen: hat Gott wirklich das
Kommando oder muss ich mich anderswo um Hilfe umsehen. Die Fragen
des Versuchers gehen genau in diese Richtung: mach es dir selbst,
vergiss auf Gott, du kannst Brot machen, du kannst dir alle Menschen
untertan machen, ja du kannst sogar Gott zu deinem Diener
degradieren.
Gleichzeitig
ist aber auch der zweite Aspekt von Wüste im heutigen Evangelium
da, Wüste als Ort der Gotteserfahrung: es ist der Geist Gottes sagt
Lukas, der Jesus in die Wüste führt, wir würden vielleicht sagen,
die Erfahrung der Nähe Gottes. Und aus dieser Erfahrung kann Jesus
so klar den Versuchungen antworten: von Gott lebt der Mensch, vor
ihm soll er sich niederwerfen, ihn soll man nicht auf die Probe
stellen.
Beides
gehört also zusammen und ist leibhaftig wie das Leben: wer zu Gott
unterwegs ist, erfährt Versuchung, wer zu Gott unterwegs ist, wird
so immer neu herausgefordert, diesem Gott zu vertrauen, wer zu Gott
unterwegs ist, erfährt, von Gott getragen zu sein. „Seht
doch, was ihr an euren Fasttagen tut! Ihr geht euren Geschäften
nach und beutet eure Arbeiter aus. Ihr fastet zwar, aber ihr seid
zugleich streitsüchtig und schlagt sofort mit der Faust drein.
Darum kann euer Gebet nicht zu mir gelangen. Ist das vielleicht ein
Fasttag, wie ich ihn liebe, wenn ihr nicht esst und nicht trinkt,
euren Kopf hängen lasst und euch im Trauerschurz in die Asche
setzt? Nennt ihr das ein Fasten, das mir gefällt? Nein, Fasten, wie
ich es haben will, sieht anders aus! Löst die Fesseln eurer Brüder,
nehmt das drückende Joch von ihrem Hals, macht jeder Unterdrückung
ein Ende! Gebt den Hungrigen zu essen, nehmt Obdachlose in euer
Haus, kleidet den, der nichts anzuziehen hat, und helft allen in
eurem Volk, die Hilfe brauchen. Dann strahlt euer Glück auf wie die
Sonne am Morgen, und eure Wunden heilen schnell; eure guten Taten
gehen euch voran, und meine Herrlichkeit folgt euch als starker
Schutz.“ aus:
Jesaja 58,3 – 8 |