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Erfüllte Zeit10. 04. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
Barmherzigkeit Der Weg, den Christus uns in der Bergpredigt mit der
Seligpreisung der Barmherzigen gewiesen hat, ist viel reicher, als
es manche allgemein übliche Ansichten über das Erbarmen wahrhaben
wollen. Diese Ansichten sehen im Erbarmen einen Akt oder Vorgang,
der nur in eine Richtung geht und zwischen dem, der es übt, und
dem, der damit beschenkt wird, zwischen dem, der das Gute tut, und
dem, der empfängt, einen Abstand voraussetzt und aufrechterhält.
Aus dieser Sicht ergibt sich die Anmaßung, die zwischenmenschlichen
und sozialen Beziehungen vom Erbarmen zu befreien und ausschließlich
auf die Gerechtigkeit zu gründen. Solchem Denken über das Erbarmen
entgeht das fundamentale Band zwischen Erbarmen und Gerechtigkeit,
von dem die ganze biblische Tradition und noch mehr die messianische
Sendung Jesu Christi spricht. Das echte Erbarmen ist sozusagen die
tiefste Quelle der Gerechtigkeit. Ist es der letzteren gegeben,
zwischen den Menschen „Recht zu sprechen“, wenn sie die Sachgüter
nach Gebühr verteilen und tauschen, so ist die Liebe und nur die
Liebe (auch jene gütige Liebe, die wir als „Erbarmen“
bezeichnen) fähig, den Menschen sich selbst zurückzugeben. Papst Johannes Paul II |