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Erfüllte Zeit24. 04. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
„Das Gespräch über den Weg zum
Vater“ (Johannes 14, 1 – 12) von
Prof. Gerhard Bodendorfer Der
Text des heutigen Evangeliums ist hohe Theologie und einfache
Weisung zugleich. Der Glaube an Gott wird mit dem Glauben an Jesus
aufs Engste verbunden. Dies geschieht aber gerade nicht in einem
triumphalistischen Gehabe, sondern in Verbindung mit dem Weg, den
Jesus gehen muss, den Weg ans Kreuz. Aber auch und vor allem darüber
hinaus. Wenn Jesus von den Wohnungen im Haus des Vaters spricht, so
klingt darin nicht nur die Auferstehung, sondern auch Existenz bei
Gott nach. Sie ist den Jüngern gewiss. Nach jüdischem Verständnis
werden die Gerechten bei Gott die Zeit bis zum jüngsten Gericht
ausharren. So auch hier. Die Jünger sind Gerechte vor Gott, ihr
Schicksal im Jenseits ist voller Hoffnung. So wäre die Botschaft
leicht verständlich. Jesus hat den Weg über Kreuz und Auferstehung
zu gehen und versichert den Jüngern ewiges Leben bei Gott. Aber
das Evangelium enthält noch eine Reihe von Wendungen. Zuerst äußert
Thomas stellvertretend für die Jünger Unwissen. Wohin geht der
Weg? Und Jesus antwortet ihm: Ich bin der Weg, die Wahrheit
und das Leben. Nicht mehr von einem Weg Jesu in Tod und Auferstehung
ist die Rede, sondern von Jesus selbst als Weg zu Gott. Mehr noch,
von ihm als einzigem Weg zum Vater. Und gegenüber Philippus legt er
nach. Wer mich erkannt hat, hat den Vater erkannt. Und noch präziser,
die Worte Jesu sind die Worte des Vaters und die Handlungen Jesu
sind die Handlungen Gottes. Diese Präzisierungen sind notwendig, um
die Aussage des Evangeliums zu verstehen. Es geht ihm gerade nicht
um eine Vergöttlichung Jesu, die ihn ganz der menschlichen Sphäre
entheben würde. Wer Jesus sieht, sieht Gott, wer Jesus hört, hört
Gott, wer Jesu Tun beobachtet, hat Anteil am Tun des Herrn. Genau so
korrigiert der Evangelist ein Missverständnis einer Identifikation
Jesu mit Gott, in der er aufhören würde, Mensch zu sein. Als in
Menschengestalt verhüllter Gott wäre sein hundertprozentiges
Menschsein hinfällig geworden. Doch so soll und darf es nicht sein.
Vielmehr ist es gerade der Mensch Jesus, der Gott wahrnehmbar und
begreifbar macht. Im Reden und vor allem im Handeln Jesu wird Gott
gegenwärtig. Wer dies nicht hört, kann auch den Ausschließlichkeitsanspruch
des Evangeliums nicht verstehen. Viel
zu sehr wurde die Rede von Christus als alleinigem Heilsweg durch
die Kirchengeschichte getragen. Viel zu viel Leid und Unterdrückung
Andersgläubiger lasten auf ihm. Tatsächlich werden wir ihn heute
nur mit schwerem Herzen so hinnehmen. Denn das triumphierende
Christentum seit Konstantin hat weniger die Nähe Gottes vermittelt
als die Autorität der irdischen Mächtigen. Wer jedoch den Weg Jesu
beschreitet, tut das Gegenteil. Wer Jesus wirklich als den Weg zu
Gott sieht, handelt wie er und seine Werke, so sagt der Evangelist,
werden noch größer sein als die Werke Jesu. Das also ist das
Geheimnis. Wer Jesus als Weg zu Gott beschreitet, der handelt in
seinem Namen, in seiner Kraft und mit seiner Wirkung. In ihm
spiegelt sich die Kraft Gottes, den Jesus verkündet, den Jesus spür-
und begreifbar macht. Das ist die Aufgabe der Kirchen und jedes
einzelnen Gläubigen. Nicht irdische Macht leben, sondern die
Botschaft Jesu, nicht Autorität ausüben, sondern die Handlungen
Jesu vollziehen, nicht Triumphalismus pflegen, sondern die Nachfolge
antreten. Nichts weniger als die Rettung der Welt aus Liebe hat Gott
nach Johannes 3,16 mit Jesus vorgehabt. Nichts weniger sollte die
Aufgabe der Christen sein.
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