|
||||
Erfüllte Zeit05. 05. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
„Der
Auftrag des Auferstandenen“ (Matthäus 28, 16 – 20)
von Mag. Stefanie Jeller
Wir
hörten gerade die letzten Zeilen des Matthäusevangeliums. Sie
klingen wie der Schlussakkord einer großen Symphonie, in dem alle
Instrumente mit ihren Themen und Melodien zu einem mächtigen,
harmonischen Klang zusammenströmen. Auf
einem Berg in Galiläa tritt Jesus, der Auferstandene seinen Jüngern
entgegen mit einem Auftrag und einer Zusage: Geht, macht alle zu Jüngern,
lehrt sie und seid gewiss: ich bin mit euch! Es
geht um alles in diesem Schlussakkord: Alle Macht im Himmel und auf
der Erde ist nun dem gegeben, der von den Mächtigen der Erde getötet
wurde. Dementsprechend universal ist sein Auftrag: geht zu allen Völkern,
macht alle Menschen zu Jüngern und tauft sie. Und seine gesamte
Botschaft zusammenfassend fordert Jesus auf: lehrt sie alles zu
befolgen, was ich euch aufgetragen habe! – Ein gewichtiges Wort,
das allen Lehrenden eine große Aufgabe anvertraut. Was aber war das
alles, was er aufgetragen hat? Wenn wir im Matthäusevangelium zurückblättern,
dann stellen wir fest, dass uns Jesus oft als Lehrer beschrieben
wird. Einmal sogar – wie hier, und wie einst Mose – als Lehrer
auf einem Berg. Und was lehrte er in der so genannten Berg-Predigt?
„Liebt eure Feinde!, Richtet nicht!, Alles, was ihr von anderen
erwartet, das tut auch ihnen!“ Doch
der Lehrer Jesus kennt auch andere – scharfe – Töne, die den
Lehrenden bis heute warnend ins Gesicht gesagt sind: „Ihr sollt
euch nicht Lehrer nennen, denn nur einer ist euer Lehrer,
Christus!“ Und: „Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer,
ihr Heuchler!“ Heuchler, das sind all jene unter den Gelehrten,
die selbst nicht tun, was sie sagen. Wir
feiern heute Christi Himmelfahrt – vor dieser Aufnahme in den
Himmel spricht Jesus ein letztes Mal zu den Jüngern. Nicht mehr wie
früher, denn als ihr irdischer Lehrer ist er gestorben, jetzt
spricht er nur noch ein Vermächtnis aus, dann aber werden sie
entlassen – in die eigene Verantwortung. Viel
wurde gelehrt, doch die Lehr-Zeit der Jünger ist begrenzt – nun
stellt sich die Frage, wie soll man das Gelernte umsetzen?
Wie soll man die nächste Jüngergeneration den Weg Jesu
lehren, was bedeuten seine Worte für uns heute? Es ist so einfach
gesagt „Liebt eure Feinde, richtet nicht!“ Aber was heißt das
im konkreten Leben? In
der Jüngerschaft Kirche ist man nicht immer einer Meinung.
Konservative und Progressive stehen sich von Anfang an gegenüber.
Lehrentscheidungen sind meist Kompromisse, vieles muss widerrufen
werden, Beschlüsse werden verschieden ausgelegt, Gewichte verlagern
sich, manches löst sich von selbst, anderes richtet nie wieder gut
zu machendes Unheil an. Auch nach zweitausenden Jahren finden noch
Richtungsänderungen statt. Paradoxerweise wird viel häufiger den
anderen gesagt „Ihr Heuchler!“, statt dass man sich selber
anfragen lässt. ...und
das alles ist der Versuch dem Auftrag nachzukommen, lehrt sie alles
zu befolgen, was ich euch aufgetragen habe! In
seinem Vermächtnis, in der heute gehörten „Oster-Bergpredigt“
sagt Jesus nicht „Ihr habt alle Recht!“, auch nicht „Ihr habt
Recht und ihr nicht!“ Er sagt nur „Ich bin bei euch!“ Er ist
mit seinen Jüngern, genauso wie Gott mit dem Volk Israel mit auf
dem Weg ist – und deshalb noch nicht alles gut ist, was sie auf
dem Weg tun! Für uns Christen ist Jesus der „Gott mit uns“. Er
schickt uns auf den Weg und er geht mit uns den Weg. Er trägt der
Kirche auf zu lehren, aber er entbindet sie von Unfehlbarkeit im
Lehren. Er sagt zu jedem einzelnen immer wieder „Du Heuchler“!,
ruft ihn zum Umdenken auf, zur Neuorientierung an Jesus selbst, dem
einzig unfehlbaren Lehrer. Wie überzeugt auch immer jemand in der
Kirche meint, den Lehrer Jesus richtig verstanden zu haben – Jesus
gibt ihm nicht Recht, sondern er gibt ihm jederzeit die Chance
umzudenken – manchmal mehrmals im Leben. Denn wohin immer wir
gegangen sind, was auch immer wir meinten, in seinem Namen zu
lehren, er sagt dazu: „Seid gewiss, ich bin bei euch, wenn ihr
umkehren wollt, ich bin bei euch und ich weise euch wieder den
rechten Weg.“
|