Erfüllte Zeit

10. 07. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Es ist an der Zeit, Montecassino neu aufzubauen“

 

Das Ende des letzten Vortrages von Kardinal Joseph Ratzinger am Vorabend des Todes von Papst Johannes Paul II.

 

 

In diesem Augenblick der Geschichte benötigen wir Menschen, die Gott durch ihren erleuchteten und gelebten Glauben in dieser Welt glaubwürdig machen.
Das negative Beispiel von Christen, die über Gott sprechen und gegen ihn leben, verdunkelt das Gottesbild und öffnet dem Unglauben die Türe.
Wir benötigen Menschen, die ihren Blick auf Gott ausrichten und von ihm her die wahre Menschlichkeit lernen.
Wir benötigen Menschen, deren Intellekt vom Lichte Gottes erleuchtet ist und denen Gott das Herz öffnet, so dass ihr Verstand zum Verstand der anderen sprechen und ihr Herz das Herz der anderen öffnen kann.
Nur durch Menschen, die von Gott berührt sind, kann Gott zu den Menschen zurückkehren.
Wir benötigen Menschen wie Benedikt von Nursia, der in einer Zeit der Verschleuderung und des Verfalls in die Einsamkeit eintauchte. Diesem Heiligen gelang es, nach einer persönlichen Reinigung zum Licht aufzusteigen, zurückzukehren und auf Montecassino die Stadt auf dem Berge zu gründen, die – vom Zusammenbruch umgeben – die Kräfte zusammenfasste, aus denen sich eine neue Welt formte. So wurde Benedikt wie Abraham zum Vater vieler Völker.
Die Empfehlungen an seine Mönche, die er an das Ende seiner Regel stellte, sind Anweisungen, die auch uns den Weg zeigen, der in die Höhe führt – hinaus aus Krisen und Trümmern:
„Wie es einen bösen und bitteren Eifer gibt, der von Gott trennt und zur Hölle führt, so gibt es auch einen guten Eifer, der von der Sünde trennt und zum ewigen Leben führt.“
„Das ist der Eifer, den die Mönche in glühender Liebe betätigen sollen: Sie sollen einander in gegenseitiger Achtung übertreffen. Sie sollen ihre leiblichen und charakterlichen Schwächen in großer Geduld aneinander ertragen.“
„Sie sollen einander selbstlos die brüderliche Liebe erweisen. Gott sollen sie in Liebe fürchten.“