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Erfüllte Zeit25. 09. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
„Das
Gleichnis von den ungleichen Söhnen“ (Matthäus 21, 28 – 32) von
Pater Leo Wallner SJ
“Was
meint ihr?” So hat er doch gesagt. Nun, was meinen Sie? Was sagen
Sie dazu: Jesus als Meinungsbefrager - ja, gibt es denn so etwas?
Und noch dazu in Sachen Religion! Über die Wahrheit kann man doch
nicht abstimmen, oder?
Wie
dem immer sei. Ich gebe seine Frage an Sie weiter: Wer ist Ihnen
eigentlich sympathischer von den beiden Söhnen (Töchter haben
damals offenbar nicht im Weinberg gearbeitet!)? Vermutlich der Zweite,
der Nein-Sager und Ja-Tuer. Darauf legt es ja wohl Jesus auch an mit
seiner ganzen Geschichte!
Und
wie ist es mit dem Ja-Sager? Ist er nicht zu negativ gezeichnet? Der
dann halt nicht dazukommt, seine Zusage einzuhalten... Will Jesus
denen, die den Mut haben, einfach ja zu sagen - ohne Wenn und Aber!
-, will er ihnen unterschieben, dass
sie es ja doch nicht ernst meinen?
Ist
die ganze Geschichte nicht kontraproduktiv - heute, wo es doch
ohnehin genug Kritisierer und Neinsagerinnen gibt, Pessimistinnenen
und Skeptiker? Sind das dann wirklich auch schon die die gelobten
Ja-Tuer/Ja-Tuerinnen? Müsste man/müsste
frau nicht Ja sagen und
Ja Tun? Vielleicht wäre das die Bekehrung, die verlangt ist!
Nur
müsste man dann sehr, sehr hellhörig und
hellsichtig sein gegenüber dem immer wieder überraschenden,
scheinbar neuen Willen Gottes, dürfte nicht meinen, dass man sein unwandelbares Gesetz ohnehin in der Tasche
hat. Jesus - und nach ihm unsere Kirche im Zweiten Vatikanischen
Konzil - legen sehr großen Wert auf die “Zeichen der Zeit” und
damit auf die sich oft
verändernden Bedingungen, unter denen Gottes Wille erkannt werden
soll...
Unsere
Parabel ist ja keine Allerweltsfabel mit dem moralischen
Zeigefinger! Jesus
spricht sie ganz pointiert in eine bestimmte Situation hinein: Matthäus
setzt sie darum unmittelbar nach dem letzten Einzug des Herrn in
Jerusalem an, vor der großen Auseinandersetzung und Entscheidung.
Jesus “lehrt” noch einmal “im Tempel” und wird von den
Autoritäten - hier ganz global “die Hohenpriester und Ältesten
des Volkes” genannt - zur Rede gestellt und nach seiner
Lehr-Vollmacht, seiner “missio canonica”, gefragt. Und weil
sie angeblich nicht wissen, woher Johannes der Täufer seine
Vollmacht hatte, stellt ihnen
jetzt Jesus diese lapidare Frage “was meint ihr?”
Sie
sollen Stellung beziehen gegenüber den beiden Söhnen in dem
Gleichnis und damit sich selber das Urteil sprechen, wenn sie, die
Ja-Sager und Nein-Tuer, dem zweiten Sohn, dem Nein-Sager und Ja-Tuer
den Vorzug geben: “Johannes ist gekommen, um euch den Weg der
Gerechtigkeit zu zeigen, und ihr habt ihm nicht geglaubt; aber die Zöllner
und die Dirnen haben ihm geglaubt. Und das habt ihr gesehen, und
doch habt ihr nicht bereut und ihm nicht geglaubt!”
Was
für mich das Faszinierende ist: Dieser Jesus bemüht sich
eigentlich immer noch um die Guten, die Gerechten, und um ihre doch
sehr enge Sicht vom “Weg der Gerechtigkeit”. Sie sollen
wenigstens jetzt, wenn sie sehen, wie sich andere ändern, von denen
sie es nie für möglich gehalten hätten, selbst Mut bekommen zur
Bekehrung... Im Fortschreiben des Gleichnisses würde das bedeuten,
dass der erste Sohn dann seinem Bruder nachgeht in den
Weinberg, und dass
nun beide zusammen den Willen des Vaters erfüllen - vielleicht
ganz anders, als sie es sich ursprünglich vorgestellt hatten.
Und
wenn wir ganz an den Anfang der Parabel zurückgehen und dort nach
dem Punkt suchen, an dem es hätte anders weitergehen können,
dann würde der ja-sagende Sohn zu seinem Bruder gehen und ihn
“brüderlich” einladen, mitzukommen in den Weinberg des
Vaters: um den Vater mit der gemeinsamen Arbeit zu überraschen
und so dann selbst teilzuhaben an der Freude des Vaters...
So
gesehen, ist das Ja-sagen und Nein-Tun, ist die Selbstgerechtigkeit
kein unausweichliches Schicksal der Guten und Gerechten! Und die oft
gehörte Alternative “Ich geh lieber nicht - nicht so oft o.
ä. - in die Kirche und bin dafür (!) im täglichen
Leben ein guter Christ!” ist eben doch keine wirkliche
Alternative. Da gibt es kein notwendiges “Entweder - Oder”!
Trotzdem,
es ist schon wahr, was ich vorher von Jesus formuliert habe: Auch
heute noch bemüht er sich vor
allem um die Guten und Gerechten, muss
er
sich bemühen, dass
wir ihn verstehen, dass
wir nicht stehen bleiben
bei und jenem, "weil es immer schon so war", sondern dass wir als einzelne und als
"Kirche in der Welt von heute" immer wieder neu nach dem
konkreten Willen Gottes für hier und heute fragen und suchen - ganz
im Sinne des Wortes Jesu: “Sucht zuerst das Reich Gottes und seine
Gerechtigkeit! Alles andere wird euch dann schon dazugegeben
werden!” (Mt 6, 33)
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