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Erfüllte Zeit02. 10. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
„Das
Gleichnis von den bösen Winzern“ (Matthäus 21, 33 – 44) von
Pater Leo Wallner SJ Natürlich
war Jesaja ein ernster Mann. Das zeigt schon seine Antwort auf die
Berufung: Da bin ich, sende mich! (Jes 6,8) Aber einmal wenigstens
muß ihn der Hafer gestochen haben, damals nämlich auf dem
Weinlesefest – so wird wohl das berühmte Weinberglied zu
verstehen sein, das heute zusammen mit dem gehörten Evangelium in
unseren Kirchen gelesen wird (Jes 5,1-7). Auf diesem Weinlesefest
haben sie ihn zu vorgerückter Stunde aufgefordert, doch auch ein
Gstanzl oder Schnadahüpfl zum Besten zu geben. Und dann haben sie
sich nicht schlecht gewundert: Er hat es getan! Und gekonnt noch
dazu: der freundliche Gottesmann singt da glatt von einem Hahnrei
– einem betrogenen Ehemann –, von seinem Freund nämlich, dem
die Frau – das Bild vom Weinberg wurde selbstverständlich so
verstanden! – Ehebruchkinder ('saure Beeren') zur Welt gebracht
hat. Gar nicht so weltfremd! Allerdings.
Und noch weniger gottfremd: so ist auf einmal aus dem zweideutigen
Gstanzl eine eindeutige Bußpredigt geworden, daß den Herren das
Lachen vergangen ist: "Ja,
der Weinberg des Herrn der Heere ist das Haus Israel, und die Männer
von Juda sind die Reben, die er zu seiner Freude gepflanzt hat. Er
hoffte auf Rechtsspruch - doch siehe da: Rechtsbruch, und auf
Gerechtigkeit - doch siehe da: Der Rechtlose schreit."(7,7) Womit
ich nur sagen will: Er hat es ihnen ordentlich gegeben, der denen
damals! "Es war einmal, ein Gutsbesitzer.." – Was Jesaja konnte, das kann Jesus noch alleweil! Unser Jesus! So haben es die ersten Christen mehr und mehr betont und wohl betonen müssen, um nicht unterzugehen in der Isolation, in die sie nach seinem Weggang mehr und mehr geraten sind. "Erinnert euch doch," haben sie sich gegenseitig Mut gemacht, "wie er es ihnen damals gegeben hat: Mit dem Gleichnis vom Weinbergbesitzer hat er ihnen alles vorausgesagt, den 'Hohenpriestern und Ältesten des Volkes', damals in Jerusalem, 'der Prophet Jesus aus Nazareth in Galiläa' (vgl. Mt 21, l0f), wie es dann auch wirklich gekommen ist! Gemerkt haben sie es sehr wohl, daß er sie meint (21, 45), aber geglaubt haben sie ihm nicht, diese Winzer! Wo doch die Anspielung auf den Israel-Weinberg beim Propheten Jesaja, mit Händen zu greifen war! "Sie
packten ihn und brachten ihn um. Wer Ohren hat, der höre!" –
An dieser Stelle und mit diesem 'Weckruf', wie das die Exegeten
nennen, schließt die Version des Gleichnisses, die das (nichtkanonische)
sogenannte Koptische Thomasevangelium überliefert [Nr. 65].
Vielleicht hat auch Jesus schon hier abgebrochen, um die Leute, die
partout seine Gegner sein wollten, zu schockieren und ihnen die
Konsequenz aufzudecken, die sich in ihren Herzen und Hirnen bereits
vorbereitet hat: dass sie im Begriff waren, wie einst die eifersüchtigen
Brüder des 'Ägyptischen' Josef, sich an ihrem Retter zu vergreifen:
"Auf, wir wollen ihn töten!" (Gen 37, 20). Ja,
so hat der gute Jesus sich bis zum Schluss gesorgt und gemüht,
nicht nur um den Weinberg – das Volk Israel und seine
Fruchtbarkeit –, sondern auch um die Winzer, dh. um "die
Hohenpriester und die Ältesten des Volkes". Die aber sind stur
geblieben, haben mit ihren Ohren nicht gehört, haben aus der
Geschichte – der so oft in den Heiligen Schriften meditierten
Geschichte mit ihren Prophetenschicksalen – nichts gelernt...
"Der
Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein
geworden." - Wie denn hätten sie dieses Wort damals verstehen
sollen, die frommen Verantwortungsträger in Jerusalem? Bei all
ihrer Kenntnis der Heiligen Schriften wäre das zu viel verlangt
gewesen. Für die junge Kirche aber war diese Stelle aus dem Ps 118
ein teurer Fund, wie ihre wiederholte Zitation im Neuen Testament
beweist (Apg 4,11; 1 Petr 2,7 u.ä.)! Der Sohn des unvorstellbar
geduldigen Gutsbesitzers, den die Winzer umbringen, wird in seiner
Auferweckung zu diesem Eckstein am Tempel Gottes!
Reich
Gottes, Tempel Gottes, Weinberg des Herrn, der anderen Winzern
anvertraut wird: verschiedene Bilder für dieselbe unaussagbare
Wirklichkeit und für einen Vorgang, bei dem erst die Weigerung der
einen die Begnadung der anderen zu ermöglichen scheint: "Das
Reich Gottes wird euch genommen und einem Volk gegeben werden, das
seine Früchte bringt!" So klar läßt Matthäus Jesus zu den 'Hohenpriestern
und Pharisäern' (21,45) sprechen: eine Interpretation, die zunächst
eine kleine und schwache Kirche aus 'Sündern' und Heiden getröstet
haben mag, die aber auch Entwicklungen begünstigt hat, nach denen
schließlich im Namen des 'Gutsbesitzers' und seines auferstandenen
Sohnes "Bösen ein böses Ende bereitet" wurde...–
Galgen und Scheiterhaufen für Juden und andere
"Ketzer"...
Wo
aber ist das Volk, das die Reich-Gottes-Früchte bringt?
Hervorbringt und darbringt? Das nicht auf seine Weise den Weinberg
der Schöpfung und dieser armseligen Menschheit ausbeutet, als ob er
sein Eigentum wäre?
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