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Erfüllte Zeit09. 10. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
Heilendes Teilen Heilung
geschieht nicht nur im persönlichen Bereich. Mein Hunger und Durst
nach Gerechtigkeit, meine Solidarität, mein alltägliches Einüben
der Toleranz und des Respektes allen Menschen und der ganzen Schöpfung
gegenüber haben eine heilende Wirkung auf der ganzen Welt. Auch
mein Meditieren und Gottesdienstfeiern trägt zu einem heilenden
Miteinander bei. In unserer kleinen Kapelle unseres offenen Klosters
betone ich immer wieder, dass wir nicht als kleiner Kreis unter uns
sind, sondern als Teil eines Ganzen. Geben und Nehmen lassen unser
Zusammensein ein Leben lang spannend bleiben. Die heilende Kraft
Gottes will uns vor allem befreien von der Angst, zu kurz zu kommen.
Wir werden Gefangene der Habendimension, wenn wir das Teilen aus
unserem Leben Ausklammern. In
der heilenden Erzählung der Brotvermehrung geschieht Wundervolles,
weil es Jesus gelingt, jede und jeden zum Teilen zu bewegen. Wenn
jede/r gibt, wovon sie/er hat, dann werden alle satt. Auf einmal öffnen
alle ihre Taschen und siehe da, es ist viel mehr da, als alle ahnen. Ängste,
Hoffnungen, Zweifel und Zuversicht teilen schafft ein heilendes
Klima, wo wir aufatmen können. Unsere Gesellschaft braucht vermehrt
Menschen, die in und um sich entdecken, was alles schon da ist und
im Moment noch verborgen bleibt. Politisches Handeln beginnt im
Bewusstsein, dass auch ich den ersten Schritt tun muss, um die
Entsolidarisierung zu stoppen. Dabei darf ich vertrauen, dass ich
durch Verlieren, Loslassen, Teilen meines Besitzes und meiner Gaben
sinnstiftende Heilung erfahre. Sie ermöglicht mir, mit anderen
zusammen mit Rückgrat für die Menschenrechte einzustehen:
Bevor
ich ein Brot anschneide, nehme ich es wirklich in die Hand und wende
mich ihm segnend zu. Dies kann sichtbar werden, indem ich es mit
einem Kreuzzeichen bezeichne. Immer wenn ich ein Stück Brot breche,
erinnere ich mich, dass Christus im Brotbrechen erkannt worden ist.
Beim Berühren, Schmecken und Kosten eines Stückes Brot lasse ich
mich zum Teilen bewegen.
(Aus:
Pierre Stutz „Heilende Momente. Gebärden, Rituale, Gebete“, Kösel
Verlag) |