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Erfüllte Zeit16. 10. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
„Die Frage nach der
kaiserlichen Steuer“ (Mt. 21, 15 – 21) von Regens Josef Suntinger
„Meister, wie ist das denn mit der kaiserlichen Steuer …?“ Wenn
eine Frage schon so beginnt! Für Jesus ist es nicht schwer die
Heuchelei der etablierten Führer seines Volkes zu entlarven, die
sich nicht einmal selber der Auseinandersetzung stellen, sondern
ihre Jünger vorschicken: „Zeigt mir eine solche Steuermünze!“
Er selber hat keine bei sich, die Fragesteller aber haben
erstaunlich schnell eine bei der Hand. Sie trägt das Portrait des
Kaisers und die Umschrift: „Tiberius, römischer Kaiser, Sohn des
Augustus, Sohn Gottes“. Anerkennen sie faktisch die verhasste römische
Fremdherrschaft im Land nicht allein dadurch, dass sie sich eines
solchen Geldes bedienen?!
Jesus setzt sich nicht ins politische Wespennest, indem er auf ihrer
geistigen Ebene die Frage behandelt, sondern er beantwortet sie viel
grundlegender: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott,
was Gottes ist!“ Eine weltliche, politische Ordnung ist sinnvoll
und notwendig, um ein friedvolles und freies Zusammenleben zu gewährleisten.
Angesichts der allumfassenden Herrschaft Gottes muss jedoch
politische Ordnung und Macht, wo sie sich in irgendeiner Weise übernimmt,
relativiert und auf seinen Platz verwiesen werden:
Wo der Staat oder eine andere weltliche Autorität etwas Ungerechtes
verlangt, ist ziviler Ungehorsam angesagt, etwa im Bereich der Flüchtlingsgesetzgebung.
Wo fundamentale Rechte von Menschen oder Menschengruppen, wie die
der Ungeborenen, Behinderten und Siechen, nicht geschützt werden,
muss engagiert für sie eingetreten werden. Es muss darauf
hingewiesen werden, dass nicht alles, was der Staat unter bestimmten
Umständen nicht strafrechtlich verfolgt, deshalb auch schon
sittlich gerechtfertigt ist. Wo Mächtige dieser Welt
Absolutheitsansprüche stellen, wie der Amerikanische Präsident,
der in einer Ansprache verheißt, „er werde das Böse in der Welt
besiegen“, muss das als peinlich und lächerlich entlarvt werden.
Die Antwort Jesu wird denen, die ihm nachfolgen, im Lauf der Geschichte
viel abverlangen. Viele kostet es schon in den ersten Jahrhunderten
das Leben, weil sie den Gottheitsanspruch des Kaisers nicht
anerkennen. Bis herauf in unsere Zeit tragen Christinnen und
Christen die Kosten dafür, dass sie sich nach dem Wort Jesu gegen
selbstherrliche und ungerechte irdische Macht engagieren und sie
angesichts der Hoheit Gottes über alle und alles auf ihren Platz
verweisen. Eindrucksvolle Menschen wie die Geschwister Scholl,
Martin Luther King, Madelein Delbrel und Erzbischof Romero lassen
uns froh sein über eine christliche Geschichte, die nicht immer und
überall so glanzvoll war.
Ein solches Engagement muss nicht gleich das Leben kosten und kann schon
im Kleinen eingeübt werden. Ich denke an eine Begebenheit in der
Schule: Eine Amnesty-Gruppe unter der Leitung eines Lehrers, der mit
dem Direktor auf Kriegsfuss stand, sammelte unter den Schülern eine
beträchtliche Summe für Kriegsopfer in Bosnien. Die sollte dem
Caritas-Beauftragten Peter Quendler in einer großen
Informationsveranstaltung für alle Schüler übergeben werden.
Peter Quendler, der damals noch nicht so bekannt war, dürfe als
„schulfremde Person“ das Haus nicht betreten, so der Direktor.
Dennoch lud ich ihn zusammen mit den Amnesty-Verantwortlichen in
einzelne Klassen, in denen er durch seine eindrucksvollen
Schilderungen der Kriegssituation erst ein Verständnis für die Not
in unseren Nachbarländern schuf. Der Direktor tobte. Die
Konsequenzen, die er uns androhte, mussten wir allerdings nicht
tragen, denn kurz darauf kam von höherer Stelle im Lehrerläufer
die Anweisung, etwaige Initiativen der Caritas in Bosnien zu unterstützen.
Wer Gott gibt, was Ihm zukommt, kommt unweigerlich, wie Jesus selber, in
Konflikt mit überheblichen, etablierten Machthabern dieser Welt,
und muss bereit sein, auch die Konsequenzen auf sich zu nehmen, die
sich aus seinem/ihrem engagierten Handeln ergeben. |