Erfüllte Zeit

30. 10. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

 

„Sehnsucht nach Gastfreundschaft“

 

Menschen sind ein Leben lang auf der Suche nach ihrem Zuhause. Sogar hinter dem weltweiten Tourismus steckt die Sehnsucht, im fremden Land freundlich aufgenommen zu werden und zu erfahren, dass kein Mensch auf der Welt für sich allein leben kann und will. Gastfreundschaft üben kann nur jemand, der selber bei sich ein Zuhause hat.

 

Viele Menschen wollen sich Gastfreundschaft für Geld erkaufen. Sie fliegen im Urlaub in ferne Länder oder machen daheim bestimmten Leuten Geschenke und Komplimente, um von ihnen eingeladen zu werden. Auch wenn sie selber wichtige Personen – den Chef einen Prominenten, den künftigen Geschäftspartner – zum Abendessen oder zur Party bitten, ist der wahre Grund nicht Gastfreundschaft, sondern die versteckte Hoffnung auf Ansehen und materielle Vorteile. So wird Gastfreundschaft oft zum zweckgerichteten Verhalten, zu einem Geschäft.

 

Gastfreundschaft beginnt im eigenen Haus. Wer anderen Menschen seine Tür öffnet, tut nicht nur dem Besucher etwas Gutes, sondern beschenkt sich auch selber. Der heilige Benedikt sagt, dass jeder Gastgeber eine Gotteserfahrung macht, weil ihm im Gast Gott begegnet. Diese Erkenntnis gibt der Gastfreundschaft ihre besondere Bedeutung – nicht nur bei Freunden und Verwandten, sondern auch als Staat gegenüber Flüchtlingen und Fremden, die als Zuwanderer ins Land kommen.

 

Die Begegnung mit anderen Menschen, das Gespräch, die Kommunikation, neue Erfahrungen – seit jeher hat Gastfreundschaft die Kultur der Menschen geprägt. Sie erweitert den Horizont des Verstandes und öffnet das Herz für Neues.

 

 

(Aus: Johannes Pausch/Gert Böhm „Himmlisch leben. 100 Klosterweisheiten für den Alltag“, Kösel Verlag)