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Erfüllte Zeit06. 11. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
„Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen“ (Matthäus
25, 1 – 13) von Pfarrer Christian Öhler
Die klugen Frauen haben
kleine Ölgefäße zum Nachfüllen der Lampen mitgenommen. Die
anderen fünf Frauen haben – aus welchen Gründen auch immer –
nicht vorgesorgt. „Gebt´s uns bitte was!“ werden sie gebeten
haben, als das Öl in ihren Lampen zur Neige gegangen ist. Aber die
Klugen erteilen ihnen eine Abfuhr. Sie wollen nicht teilen. Die Fünf
haben das Nachsehen. „Geht doch zu den Händlern und kauft, was
ihr braucht!“ müssen sie sich sagen lassen. Als ob mitten in der
Nacht ein Geschäft offen hätte?! Aber wir kennen ja die
entsprechenden Sprüche: „Übersehen ist auch verspielt“ und
„Jeder ist sich selbst der Nächste, jeder seines Glückes
Schmied.“ In seinem Gedicht „Vor
dem Fest“ sagt es Werner Reiser so: „Fünf waren klug und sparten das Licht. Sie sperrten die Hand über den Krug und ließen die Umwelt im Dunkeln.“ Ich finde es auch alles
andere als freundlich, dass der Bräutigam die Frauen solange auf
sich warten lässt. Heute würde man zum Handy greifen, damals hätte
er ihnen durch einen Boten mitteilen können, dass es später wird.
Dann hätten sie die Möglichkeit gehabt, sich zusätzliches Öl zu
besorgen. So hingegen sind sie der Laune und der Unpünktlichkeit
des Bräutigams ausgeliefert. Als das Fest nun endlich
beginnt, reagiert er auf eine Weise, wie sie unmenschlicher nicht
sein könnte. Er sperrt die Frauen, die zu spät kommen, vom Fest
aus. Und das, obwohl sie bitten: „Herr, mach uns auf!“ Eine
Hochzeit ist doch ein Fest der Freude und der Gemeinschaft! Niemand
sollte da ausgeschlossen werden. Laut dem Exegeten Rudolf
Schnackenburg gibt es für dieses Gleichnis möglicherweise
Ansatzpunkte in Jesusworten. Im Ganzen aber ist es wohl in der nachösterlichen
Gemeinde, in der Urkirche entstanden. Vor dem Hintergrund einer
Gesellschaft, die den Egoismus belohnt, das private Glücksstreben
ohne Rücksicht auf die Anderen. Auch heute werden Millionen
Menschen vom Fest des Lebens ausgeschlossen. „Zu dumm“, „zu
faul“, sagen die Vermögenden.
Auch die Kirche ist immer
wieder in Gefahr, zu vergessen, wie Jesus mit denen umgegangen ist,
die zu spät gekommen sind, mit den „Letzten“, den Zöllnern,
Prostituierten, den Frauen und Männern, die aus religiösen Gründen
ausgeschlossen worden sind. Gerade sie hat er zu seinen Mahlzeiten
eingeladen, in denen das himmlische Hochzeitsmahl vorweggenommen
worden ist. Ob die Bischöfe wirklich im Sinne ihres Meisters
handeln, wenn sie auf der römischen Synode – wie unlängst
geschehen - abermals den Ausschluss der wiederverheiratet
Geschiedenen von der Hl. Kommunion festschreiben? In einem Punkt ist dieses
so komplexe, ja widersprüchliche Gleichnis ganz deutlich und klar: Jesus sucht Menschen mit
genügend Öl in ihren Lampen, Menschen, die für eine
bessere Welt brennen, Menschen, die sich mit
Leidenschaft für das einsetzen, was mit dem Bild der Hochzeit
angedeutet ist: das Fest der Gottesherrschaft. Wenn wir das Evangelium
unter diesem Blickwinkel noch einmal lesen, dann könnte es uns
sagen: achtsam sollen wir umgehen mit Licht und Öl. Immer wieder innehalten
und mit offenen Sinnen dem nachspüren, was Licht und Lebendigkeit
schenkt und bewahrt; Gelassenheit üben im
Warten, weil alles seine Zeit braucht; die guten Kräfte nicht
bis an den Rand des Verlöschens ausbeuten, sondern geistlich
auftanken, sich auf die Beziehung zu Gott besinnen, die über alles
Machbare und Berechenbare hinausweist. Aufpassen, dass ich nicht
ausbrenne. Das ist eine ernste Verantwortung, die jeder und jede
einzelne für sich zu tragen hat. Da kann nun wirklich nicht eine für
den anderen einspringen. Jedermann/Jedefrau darf und muss für sich
selber Sorge tragen.
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