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Erfüllte Zeit16. 05. 2004, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
"Trostworte
an die Jünger" Kommentar:
Regens Nikolaus Krasa
Manchmal ist es einfach falsch, was wir am Anfang des Sonntagsevangeliums hören. Nein, keine Angst, nicht das Evangelium ist falsch, nur sein Anfang. Und dieser Anfang ist noch nicht Evangelium. Wieso? Wir hören ja Sonntag für Sonntag nur einen Ausschnitt aus dem Evangelium, eine Perikope, wie das mit einem, aus dem Griechischen kommenden, Fachausdruck heißt. Und dieser Ausschnitt muss irgendwie eingeleitet werden. Und das geschieht meist durch den uns so vertrauten Satz: „In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern“. Und normalerweise passt dieser Satz auch. Nur heute passt er nicht. Heute ist er falsch und lockt uns beim Verstehen auf eine falsche Fährte. Denn: eigentlich heißt dieser Satz am Beginn: „Jesus antwortete Ihm und sprach...“
Wer
ist nun dieser „ihm“, dem Jesus mit dem heutigen Evangelium
antwortet. „Ihm“, das ist Judas, und zwar, wie Johannes hinzufügt,
nicht der Iskariot. Ein zweiter Jünger also, der auf den Namen
Judas hört. Von ihm, wie von den anderen Jüngern, verabschiedet
sich Jesus im Johannesevangelium mit einer langen Rede. Er hat ihnen
die Füße gewaschen, jetzt gibt er ihnen sozusagen sein Vermächtnis
mit auf den Weg. Danach beginnt sein Leidensweg. Und diese
Abschiedsrede Jesu hat Judas mit einer Frage unterbrochen: „Herr
wie kommt es, dass du dich uns und nicht der Welt offenbaren
willst?“ Und auf diese Frage antwortet Jesus mit dem Beginn
unseres heutigen Tagesevangeliums: „Wenn jemand mich liebt, wird
er an meinem Wort festhalten...“ Bleiben wir bei der Frage des
Judas, sie ist ja die verstehensmäßige Eingangstür in das heutige
Evangelium. „Herr wie kommt es, dass du dich uns und nicht der
Welt offenbaren willst?“ Was motiviert Judas, so zu fragen. Etwa
200 Jahre später wird der römische Philosoph Celsus ähnlich
fragen: warum ist Jesus nur seinen Jüngern nach der Auferstehung
erschienen und nicht der ganzen Welt? Die Motivation ist klar. Ist
das nicht ein Argument gegen die Auferstehung, wenn das wichtigste
Ereignis im Leben Jesu der Öffentlichkeit verborgen bleibt. Auf
einen ähnlichen Einwand dürfte bereits die Apostelgeschichte
antworten. Petrus sagt dort in einer Rede, Gott hat Jesus am dritten
Tag auferweckt und ihn erscheinen lassen – und jetzt kommt’s –
zwar nicht dem ganzen Volk, wohl aber den von Gott vorherbestimmten
Zeugen. Nicht allen ist er erschienen, hat er sich nur einigen
Zeugen „geoffenbart“ wie Johannes das in seiner Sprache sagt.
Warum bloß jetzt, nachdem die Ausgangsfrage, und damit der
Ausgangspunkt der Antwort Jesu klar ist, können wir nochmals in
unser Evangelium schauen. Und zwar am besten gleich zu seinem Ende,
zum Schlusssatz. Und genau das Ereignis Auferstehung, das in der Ausgangsfrage
unseres Textes angeklungen ist, taucht jetzt noch einmal auf. Sie
erinnern Sich: die Frage des Judas, warum Jesus sich vor der Welt
nicht offenbare, der Auferstandene also nur wenigen, auserwählten
erscheine. Der Schlusssatz: Jetzt sage ich euch das, noch bevor es
geschieht (es, das ist Tod und Auferstehung Jesu), damit ihr, wenn
es geschieht (nochmals: Tod und Auferstehung Jesu), zu Glauben
kommt. Der Schritt zum Glauben an den Auferstandenen ist gar nicht
so leicht. Braucht Vorbereitung, braucht die Begleitung durch Jesus
selbst: Denken Sie nur an die Geschichten, die die Evangelien rund
um den Ostersonntag erzählen: die Erscheinung des Auferstandenen
vor den Jüngern, den Frauen reicht nicht aus, er muss Sie
ansprechen, muss ihnen erklären was geschehen ist. Und wenn sich
schon die, die mit ihm unterwegs waren, die ihn kennen, mit seiner
Auferstehung schwer tun, um wie viel mehr dann die „Welt.“
Warum:
weil durch den Auferstandenen Gott in einer ganz neuen Art in dieser
Welt gegenwärtig ist. In der Welt und doch nicht von der Welt, sagt
Johannes. Und Jesus im heutigen Evangelium: „Ich gehe fort, und
komme wieder zu euch zurück“, beunruhigt euch nicht. Und
gleichzeitig zählt er auf, wie er trotz Abwesenheit da ist: in
seinem Wort, im Geist, im Frieden, den er hinterlässt.
„Herr
wie kommt es, dass du dich uns und nicht der Welt offenbaren
willst?“. Die Frage des Judas, die unser heutiges Evangelium
einleitet. Warum nicht allen? Weil sie’s vermutlich nicht
verstanden hätten, nicht mitbekommen würden. Weil sich schon jene,
die ihn gut gekannt haben, mit seiner Auferstehung schwer getan
haben. Weil Ostern Geheimnis bleibt. Geheimnis des Aufleuchtens der
Größe Gottes in dieser Welt.
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