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Erfüllte Zeit23. 05. 2004, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
„Jesu
Fürbitte für alle Glaubenden“ Kommentar: Pfarrer Roland Schwarz
Wenn
ich diesen Bibeltext vom Eins-Sein Jesu mit Gott und von der
Einbeziehung der Glaubenden in diese Einheit höre, denke ich sofort
an das Bedürfnis von Liebenden, einander zu umarmen. Wenn Menschen
einander umarmen, dann tun sie das ja aus dem Bedürfnis heraus, mit
dem anderen geradezu zu verschmelzen, eine Einheit mit ihm oder ihr
zu bilden.
Das
Johannesevangelium betont in vielen Texten die Einheit zwischen dem
Vater und dem Sohn, etwa an der Stelle, an der Jesus zu Philippus
sagt: "Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen."
(14,9). Es besteht eine letztlich nicht begreifbare Spannung
zwischen Einheit und doch einer gewissen Differenz von Vater und
Sohn.
Die
Kirche hat das später in dem Glaubenssatz vom einen Gott in drei
Personen festzuhalten versucht.
Diese
Formulierung verleitet aber zu dem von Gläubigen anderer
monotheistischer Religionen immer wieder geäußerten Missverständnis,
es handle sich dabei doch letztlich um drei Götter im Christentum.
Ein Versuch, das Einssein und die Einheit in Gott anders zu
verdeutlichen, wäre die Rede vom einen Gott, jetzt aber nicht in
drei Personen, sondern in
drei Dimensionen. Denn
wenn wir von den drei Dimensionen Länge, Tiefe und Höhe eines
materiellen Körpers sprechen, dann meinen wir eben eine Ausdehnung
in durchaus unterschiedliche Richtungen hin und doch bezweifelt
niemand, dass es sich trotz dieser drei Dimensionen um einen
einzigen Körper handelt.
Auf
Gott bezogen bedeutet das: Gott Vater als die Dimension des Schöpfers
ist so sehr Liebe, dass er in sich selbst Ich und Du ist. Liebe gibt
es nur zwischen Ich und Du, so wie wir selbst uns gewissermaßen
gegenübertreten, wenn wir sagen: "Ich liebe mich." oder
wenn es in der Bibel heißt, man möge "den Nächsten lieben
wie sich selbst" (Lev 19,18) bzw. Jonatan den David liebt
"wie sein eigenes Leben" (1 Sam 18,1). Jesus verkörpert
in dieser Sicht die Dimension des personalen mensch-gewordenen Du
Gottes. Der Heilige Geist wiederum ist die Dimension der
Begeisterung, der Freude in der Liebesbeziehung zwischen Vater und
Sohn. Eine Beziehung wird ja auch unter uns Menschen erst dann
wirklich interessant und spannend, wenn wir eine tiefe Freude und
Sehnsucht nach der Begegnung mit dem Du empfinden. Diese Dynamik der
Liebe zwischen Vater und Sohn, dies ist die Dimension des Geistes.
Im
heute gehörten Evangelium ist aber zudem etwas für uns ganz
Bedeutsames festgehalten: Wir dürfen nicht nur an diese Einheit in
Gott glauben, sondern wir sind in diese Einheit in der Liebe selbst
mit hineingenommen, wenn wir dem Wort Jesu vertrauen.
Wir
sind in diese Liebe zwischen Vater und Sohn einbezogen und können
durch diese innige Verbindung auch untereinander diese Einheit und
Liebe erleben. Wenn Menschen also einander umarmen, so erfahren sie
dadurch etwas von dieser dreidimensionalen Liebe zwischen Ich und Du
und der freudigen Sehnsucht nach dem anderen. Diese Erfahrung nennt
Jesus bei Johannes "Herrlichkeit".
Freilich
ist dies auch eine höchst gefährliche Sache: denn unter
"Verherrlichung" ist in diesem Evangelium auch der
Kreuzestod Jesu gemeint. Liebe ist hier nicht nur ein romantisches
Gefühl, sondern die Bereitschaft, für den anderen sein Leben
hinzugeben. Umarmung bedeutet das wohltuende Spüren der Nähe und Wärme
des anderen, aber auch die Hingabe, das Verschenken.
Wenn
wir in unseren Gemeinden solch eine Liebe leben – so verspricht es
Jesus im heute gehörten Bibeltext – dann wird die Welt glauben,
dass Jesus der Gesandte Gottes ist und dass wir genauso von Gott
geliebt sind wie Jesus selbst.
An
unserer Beziehungs- und Konfliktkultur in den Pfarrgemeinden hängt
also nicht nur unser eigenes Wohlbefinden, sondern auch die Glaubwürdigkeit
unserer Botschaft vor der nichtchristlichen Gesellschaft.
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