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Erfüllte Zeit19. 12. 2004, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
„Die Geburt Jesu“ (Matthäus 1, 18 – 24) von
Regens Nikolaus Krasa Wer
bist du? Wenn immer wieder Selbstbiographien wichtiger Persönlichkeiten
erscheinen und wenn immer wieder Menschen diese Bücher kaufen, dann
geht es ihnen genau um diese Frage: wer bist du. Wenn sich zwei
Menschen kennen lernen, vertraut werden miteinander, sich einander
öffnen, dann geht es wohl noch einmal um diese Frage: wer bist du.
Wenn Beziehungen in die Krise kommen,
man einander scheinbar fremd ist, geht es noch einmal und oft
schmerzlich um die Frage wer bist du? Wer
bist du? Jene Frage, die uns schon am vergangenen Sonntag beschäftigt
hat, damals im Mund des Täufers Johannes und an Christus gerichtet.
Die zweifelnde Frage eines Menschen, der einen anderen nicht mehr
versteht. Bist du wirklich der Messias den ich verkündet habe? Wer
bist du? Kein Wunder, dass diese entscheidende Frage auch am Anfang
des Matthäusevangeliums steht. Wir haben ein Stück davon gerade
gehört. Diesmal ist es allerdings nicht Johannes der Täufer der
mit dieser Frage ringt, diesmal sind es die Eltern Jesu selbst. Da
ist Maria, die ein Kind erwartet, ohne dass Josef daran beteiligt
war. „Vom heiligen Geist“ ist dieses Kind, sagt Matthäus. Für
die junge Frau Maria nicht einfach anzunehmen (Matthäus berichtet
allerdings im Unterschied zu Lukas nichts Näheres zu dieser
Geschichte). Und da ist vor allem Josef. Von seinem Ringen erzählt
Matthäus sehr genau. Er will Maria verlassen. Vermutlich will Josef
damit Maria den gesetzlich vorgeschriebenen Ehebruchsprozess
ersparen, indem er sie verlässt und ihr den Scheidungsbrief
ausstellt. Oder spürt Josef, dass das Kind, das da im Leib der
jungen Mutter zu wachsen beginnt, jemand Besonderer ist. Will er
Maria aus einer Art „heiliger Scheu“ verlassen, traut er sich
nicht, mit der von Gott geheiligten Maria weiter zusammenzuleben? Beide
Erklärungsversuche werden für das Verhalten des Josef gegeben.
Aber vermutlich ist das „warum“ hier gar nicht so wichtig. Die
Sache selbst, das Ringen des Josef, ist entscheidend. Immerhin führt
ja auch Matthäus die Geschichte nicht weiter aus, skizziert sie nur
in Umrissen, liefert im Unterschied zu heutigen Klatschpostillien
nur herzlich wenig Information (Überlegen Sie sich nur, wie sich
diese bei Matthäus nur knapp umrissene Geschichte hätte
ausschlachten lassen). Es geht Matthäus nicht um die Details (wer
mit wem, und wieso, und der Klatsch), es geht Matthäus um das
Ringen des Josef und die Antwort auf dieses Ringen. Es geht um das
Ringen des Josef: das deutet Matthäus durch ein biblisches Schlüsselwort
an, dass er dem Josef verleiht. Josef wird im heutigen Evangelium
als Gerechter vorgestellt. Was bedeutet das? Ein
Gerechter, so sagt der erste Psalm, ist einer, der seine Freude hat
an der Weisung des Herrn und Tag und Nacht über sie nachdenkt.
Also: einer, der Gott sucht, in der Schrift, und das nicht
verkrampft und verbissen, sondern mit Freude, in einer inneren
Gelassenheit und Heiterkeit. Er hat seine Lebenswurzeln in Gott
geschlagen, würden wir heute sagen. Der Psalm sagt es in einem
Bild, das in einem immer durch Wassermangel bedrohten Land besondere
Kraft hat: der Gerechte ist wie ein Baum, der an Wasserbächen
gepflanzt ist. Aber das ist gar nicht so einfach. Psalm 1 nennt die
Gegner des Gerechten, Frevler, Spötter, Sünder. Äußere,
vielleicht aber auch innere Feinde. Und der Psalter, das Psalmenbuch
wird diese Grundspannung in 150 Gebeten durcharbeiten. Wird dem
Gerechten nichts ersparen, keine Frage keine Not, wird ihn aber am
Ende zum Lob und zum Dank führen. Der
gerechte, Gott suchende Josef macht hier ein Stück dieser Spannung
durch. Was will Gott, was kann ich tun. Was werden die anderen
sagen. Wie reagieren auf den, der da kommt? Wie adäquat reagieren.
Wer ist es und was muss ich tun? Und so wie Johannes im Evangelium
des vergangenen Sonntags eine Antwort bekommt auf diese seine Frage:
wer bist du, so geht es dem gerechten Josef. Und wie die Antwort
Jesu an Johannes ein Bibelzitat ist, so ist es auch die Antwort des
Traumengels an Josef, wieder aus dem Jesaiabuch: „...man wird ihm
den Namen Immanuel geben“, Matthäus übersetzt uns: Immanuel das
heißt Gott mit uns. Im
letzten Versen des Matthäusevangeliums klingt das noch einmal,
allerdings nur mehr übersetzt, also: „Gott mit uns“. Siehe ich
bin bei euch, alle Tage bis ans Ende der Welt wird Jesus im
Schlussvers von Matthäus sprechen. Wer
bist du; Jesus von Nazareth? Der Immanuel, die Antwort des Matthäus.
Mehr noch, damit auch das Zeugnis der jungen Kirche: so haben wir
ihn erfahren, so erfahren, erleben wir ihn heute noch, er ist bei
uns alle Tage.
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