Erfüllte Zeit

01. 01. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

„Die Geburt Jesus“

(Lukas 2,16  21)

von Regens Karl Plangger

 

Vor Weihnachten haben die Krippenbauer Hochsaison. Schon lange vor dem Fest wird überlegt, geplant, gesucht, gezeichnet, eingeteilt. Da wird gewerkelt, gesägt, modelliert, geschnitten, geklebt, geleimt und gepinselt.  In liebevoller und stundenlanger Arbeit entsteht ein sog. Krippenberg, entsteht eine Landschaft, wachsen Mauern, Sträuche und Bäume. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Ob orientalisch, berglerisch-alpin oder städtisch, ob Ruine oder Höhle  – das Gesamtbild muss stimmen und die Figuren brauchen ein schönes Ambiente. Das Werk darf auch bestaunt und bewundert werden.

 

Echte Krippenbauer zeichnet aber noch anderes aus. Sie wollen nicht nur zurückschauen in die Vergangenheit; sie wollen verkünden für die Gegenwart. Sie wollen auch anregen zu besinnlichen Gedanken und zum Gebet; sie wollen selbst auch betende Menschen sein.

 

Nun stehe ich in Gedanken vor einer Krippe, schau auf Menschen und Tiere, Bäume, Wege, Berge und Häuser und höre die Worte aus dem Lukasevangelium. Die Hirten kommen und gehen. In der Mitte des Geschehens das Kind. Bei mir bleibt ein Satz hängen: „Maria aber bewahrte all diese Geschehnisse und bewegte sie in ihrem Herzen.“ Und da gibt es Einiges zu bedenken:

 

Das Geheimnis um das Kind, ihr eigenes Kind, das von Anfang an da ist. Die Umstände der Geburt mit allem Suchen nach einem geschützten Ort. Die ersten Besucher aus einer sozialen Randschicht mit ihren schlichten und einfachen Gesten. Die Erzählungen und Berichte dieser Hirten. Das Wunder, besser: die Wunder, dieser Nacht. Es bleibt ja auch nicht bei dieser Nacht. Vieles von dem, was kommen wird, zeichnet sich ab. Menschen hören eine beglückende, froh- und hellmachende Botschaft.

 

Da ist nicht allein der Verstand, die Logik und das Denken gefragt. Im Herzen, d.h. in ihrem innersten Inneren, in ihrem Sein, in ihrer Lebensmitte bewahrt und bewegt Maria alles, was sie sieht und hört und erfährt. Es betrifft sie ja auch mit und in ihrer ganzen Person, mit ihrem ganzen Menschsein.

 

Ich frage mich: Was ist mir wert, es in meinem Herzen zu bewahren und zu bewegen?

Welches Ereignis, welches Geschehnis meines Lebens will ich in mir behalten?

 

Da gibt es Bedrückendes und Beglückendes.

Das Sterben eines lieben Menschen; eine Leben und Hab und Gut zerstörende Katastrophe; ein Misserfolg im beruflichen Leben; ein Vertrauensmissbrauch.

Da gibt es aber auch die liebende Zuneigung eines Mitmenschen, die Geburt eines Kindes, die überraschende Zustimmung zu etwas, das mir gelungen ist, die Nachricht von der Gesundung eines Schwerkranken, eine bestandene Prüfung.  Da gibt es auch die wunderbaren Erlebnisse in der Natur: ein Sonnenaufgang, eine Abendstimmung, ein stiller Bergsee, eine Gipfelrast, den Regenbogen in einem Wasserfall.

 

Dies und so manches Andere ist es wert zu bewahren und im Herzen zu bewegen. Denn es ist das Leben – mein Leben, dein Leben, unser Leben. Und all das bewegt mich auch, ein betender Mensch zu sein.

 

Gott,

ich danke dir für deine Wunder,

für Sonne, Mond und Sterne;

 

ich danke dir für deine Schöpfung,

für die Menschen, die mich begleiten;

 

ich danke dir für alle

wunderbaren Erfahrungen,

für deine Frohbotschaft.