Erfüllte Zeit

02. 01. 2005, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

„Der Prolog des Johannes-Evangeliums“

(Johannes 1,1-18)

von Regens Karl Plangger

 

 

So viele Worte.

Zu Hause, auf der Straße, im Büro, im Geschäft, in der Zeitung, im Radio, im Fernsehen, auf Plakaten – Worte überall, die Luft geschwängert mit Worten.

 

Da möchte ich einstimmen in das Lied:

„Schweigen möcht’ ich, Herr, und auf dich warten.

Schweigen möcht’ ich, Herr.“

Und die dritte und vierte Strophe dazu singen:

„Schweigen möchte ich, dass ich deine Stimme unter vielen Stimmen hör’“

„Schweigen möchte ich und darüber staunen, dass du ein Wort für mich hast.“

 

Das lässt mich innehalten und ruhig werden.

Schweigen ist ja nicht nur einfach still sein. Schweigen ist das Hören in sich hinein, das Hören auf die leisen Stimmen in mir, auf die leisen Stimmen in meiner Umgebung.

 

Ich bitte darum, dieses Hören wieder lernen zu können.

 

Dazu lass ich mir diese kleine Geschichte erzählen:

Ein Indianer geht mit seinem New Yorker Freund auf dem Gehsteig der geschäftigen Großstadt. Plötzlich bleibt er stehen und fragt: „Hörst du nicht die Grille zirpen?“ Der Freund meint: „Bei diesem Lärm kann ich so etwas nicht wahrnehmen.“ Der Indianer geht einige Schritte zurück, biegt bei einer Mauer einen Strauch etwas auseinander und zeigt auf die Grille, die in einer Mauerritze sitzt und zirpt. Der Freund bestaunt das Gehör des Indianers. Dieser aber macht ein Experiment: „Hast du ein 10-Cent-Stück?“ fragt er. Dann lässt er diese Münze klirrend auf den Asphalt des Gehsteigs fallen. Sofort drehen sich etliche Passanten diesem Klang zu. „Siehst du“ sagt der Indianer zu seinem Freund, „was einer hören will, kann er wahrnehmen.“

 

Ich bitte darum, das Hören auf das rechte Wort, auf lebenspendendes Wort wieder lernen zu können.

Ich möchte gern IHN, der das Licht der Welt ist, aufnehmen können. Ich möchte gerne dieses Wort hören. Dazu muss ich mir wohl bewusst machen, dass dies nicht im Getöse und Lärm, sondern im Schweigen geschieht.

 

Ich bitte und bete darum, Geplapper und hohle Worte von guten und erfüllten Worten unterscheiden zu können.

 

Ich bitte und bete auch darum, anderen ein gutes Wort sagen zu können. Nicht schnell gesagte, oberflächliche und manchmal auch verletzende Worte. Ich wünsche mir selbst und anderen heilende und tröstende, aufrichtende und Hoffnung gebende Worte.

 

Ich kehre zurück zur Botschaft des heutigen Sonntags:

Das Wort, das Gott unwiderruflich in diese Welt gesprochen hat, ist Jesus Christus.

An diesen Jesus Christus wende ich mich mit einem Gebet von Anton Rotzetter:

 

Jesus Christus

Dein Wort

            auf meiner Zunge

Deine Güte

            auf meinen Lippen

Deine Verheißung

            in meinen Gedanken

Deine Zärtlichkeit

            in meinen Fingern

Deine Liebe

            in meinem Herzen

Dein Blut

            in meinen Adern

Deine Kraft

            in meinen Füßen

Deine Gestalt

            in meinem Leben

Deine Herrlichkeit

            in meinem Leib

Dein Leben

            in meinen Bewegungen