Erfüllte Zeit

13. 07. 2003, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr

 

Wilhelm von Saint Thierry

 

Wir beten also, weil du uns dazu ermahnst, wir bitten vertrauensvoll, weil du uns Erfüllung versprichst. Und du kommst uns unverzüglich entgegen und erhörst unser Gebet und findest dabei Mittel und Wege, uns zu helfen. Du, Herr, bist freundlich zu allen, und deine freundliche Zuwendung gegenüber uns ist unermesslich. Und wir erkennen nun, wie du in allem, was du gemacht hast, uns dein Erbarmen schenkst. Denn du, Gott, bist uns sehr nahe gekommen und nicht in der Ferne stehen geblieben. Wenn du dich uns näherst und uns mit deiner tröstlichen Zuwendung froh machst, dann leben die Sinne unseres Herzens sogleich wieder auf, weil deine Gegenwart durch deinen Duft oder deine Berührung alles heilt. Der Glaube wird Jubel, das Vertrauen wird Freude, das Herz fängt Feuer, das der Strom der Tränen nicht löscht, sondern wie Öl zum Lodern bringt. Dass dein Heiliger Geist uns schwachen Menschen hilft, öffnet unseren Tränen die Schleusen. Wenn du sie zärtlich mit deiner Hand abwischst, fließen sie noch reichlicher, aber so kräftigen und stärken sie uns wie das Brot, von dem wir tagaus tagein leben. Es tut gut, vor dir zu weinen, Herr, unser Gott, denn du bist unser Schöpfer, und wir sind dein Volk und die Schafe auf der Weide.

 

 

Aus: Berger, K./Nord, Christiane (Hg.) „Wilhelm von Saint Thierry. Meditationen und Gebete“, Insel Verlag