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Erfüllte Zeit30. 11. 2003, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1
Lukas
21, 25 – 28. 34 – 36 von
Pfarrer Nikolaus Krasa Vermutlich
nicht wirklich leicht verdaulich an einem Sonntag knapp nach sieben
Uhr früh, was wir da gerade als Evangelium gehört haben.
Himmlische Kräfte, die erschüttert werden, Menschen die Angst
haben, der Tag des Herrn, der wie eine Falle zuschnappt. Guten
Morgen, liebe Radiohörerin, lieber Hörer, die Welt geht unter.
Entweder man fühlt sich ziemlich verwundert nach diesem biblischen
Text oder man legt die Ohren an und ignoriert ihn. Nicht wirklich
leichtverdaulich, an einem Sonntag, knapp nach sieben. Und schon gar
nicht am Beginn des Adventes. Was hat der Weltuntergang mit der
angeblich stillsten Zeit im Jahr zu tun? Mehr noch: was hat diese
biblische Weltuntergangsbotschaft mit mir heute zu tun? Wie also mit
diesem sperrigen Stück aus der Bibel umgehen? Beiseite schieben,
als ein Stück finsteren Mittelalters, das nichts mehr mit unserer
Zeit zu tun hat? Oder Wort für Wort so nehmen wie es da steht, und
so richtig Angst machen mit der Zukunft? Beide Zugänge funktionieren nicht, denn beide
werden diesem Stück Schrift nicht gerecht. Ich kann mir aus der
Bibel nicht nur die Abschnitte aussuchen, die mir genehm sind, und
die anderen schweigend übergehen. Ich kann aber schon gar nicht die
heutige Schriftstelle dafür missbrauchen, Angst zu machen, denn
einer der zentralen Sätze dieses Evangeliums lautet gerade: richtet
euch auf und fasst Mut. Wie also dann einen Zugang zum heutigen Evangelium
finden? Vielleicht einfach, in dem wir von der Ebene unserer
Erfahrungen ausgehen. Es ist spannend, wie viele Worte Lukas
gebraucht, die – heute würden wir sagen – einen psychologischen
Background haben. Lukas spricht also einfach von Erfahrungen, die
Menschen machen. Meine Vermutung: ein Blick auf einige dieser Worte
wird uns zeigen, dass da auch von Erfahrungen die Rede ist, die wir
kennen, vielleicht sogar gemacht haben. Und dass so diese
Schriftstelle zu einer Art Schlüssel wird, mit unserer
Lebenssituation umzugehen, jetzt und heute Advent erleben zu können. Ein erstes Wort:
es stand ganz am Anfang unseres Textes, im zweiten Vers, den wir gehört
haben. Nach der Schilderung der Zeichen, die geschehen, wendet Lukas
den Blick auf die Reaktion der Menschen: sie werden vor Angst
vergehen, so nach den Worten der Übersetzung, die wir gehört
haben. Im griechischen Originaltext steht da ein aufregendes Wort:
die Menschen werden wörtlich ihren Atem weggeben, ein letztes Mal
ausatmen vor Furcht. Vielleicht ein bisschen freier übersetzt, vor
Schreck zu atmen vergessen, atemlos sein. Im griechischen Wort Atem
schwingt noch mehr mit: Atem ist Leben, ist Seele. Eine atemlose
Gesellschaft in der wir leben, in der sich alles immer schneller und
schneller weiterbewegt. Eine Gesellschaft, in der die Seele kaum
mehr nachkommt. So wird unsere Zeit gerne beschrieben. Der Druck im
Berufsleben, zu Hause, manchmal sogar in der Freizeit ist so groß,
dass uns oft und oft die Luft ausgeht. Warum? Weil so viel auf uns
zukommt, auf uns lastet, weil scheinbar nichts mehr fix ist... die
Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die
kommen werden. Nicht so sehr Blick auf das Ende, vielleicht eine
ganz gute Situationsbeschreibung unserer Zeit? Wie damit umgehen? Ein zweites Wort, eine erste Antwort: „Nehmt euch
in acht, dass Rausch, Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch
nicht verwirren.“ Wieder lohnt sich der Blick ins griechische
Original. Eigentlich steht da anstelle von Verwirren: das Herz
schwer machen, belasten. Genau: der Druck des Alltags ist wie eine
Last, die wenn sie zu groß wird, unsere Seele belastet, schwer
macht. Die Sorgen des Alltags bleiben, sind Realität, sagt unser
Evangelienabschnitt, sie sind die, die sie sind, aber, sie sollen
nicht zur Last werden. Wie das geht? Das dritte Wort unseres heutigen Textes, und eine
zweite Antwort, diesmal eine positive: „bleibt zu jedem Zeitpunkt
wach.“ Macht die Augen eben nicht zu, versucht nicht zu
entfliehen, nicht euch von der Last erdrücken zu lassen. Sondern:
betet, will heißen: entdeckt, dass er, Christus, in all dem was
sich da tut um uns herum im Kommen ist, uns begegnet, sein Advent,
seine Ankunft stattfindet.
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