Erfüllte Zeit

02. 05. 2004, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

Friedrich Heer

 

Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte haben uns gelehrt:

Wer heute zu feig ist, das Antlitz des lebendigen Gottes zu bekennen, ist morgen zu schwach, das Gesicht des Menschen zu wahren: In den "gleichgeschalteten" Büros, in den staatlichen Instituten und Fabriken der Lenkung der öffentlichen Meinung, in den Zwangsarbeitslagern und Gefängnissen des totalen Staates! Die Christen des ersten Jahrhunderts starben, weil sie ihre christliche Existenz als eminentes Anliegen der menschlichen Gemeinschaft begriffen. Die Christen des 20. Jahrhunderts werden leben, wenn sie im Geist jener ihr tägliches Leben als Verpflichtung zum öffentlichen Zeugnis hier und heute verstehen lernen.

 

(Die Furche, 10.4.1948)