Erfüllte Zeit

09. 05. 2004, 7.05 Uhr - 8.00 Uhr, Österreich 1

 

 

Dr. Hubert Feichtlbauer - Radiokommentar zum Mitteleuropäischen Katholikentag

 

"Kein Impuls für Ökumene und Laienbeteiligung!

Zum Mitteleuropäischen Katholikentag: Mariazell Mai 2004"

 

 

Wallfahrten sind wichtig und richtig. Ihre Wiedergeburt in den letzten Jahren ist zu begrüßen, spiegeln sie doch das durch das Zweite Vatikanische Konzil neu belebte Bild von Kirche wider: Volk Gottes auf Pilgerschaft durch Schöpfung und Geschichte. Der Gott des Exodus wird damit beschworen: ein Gott des Aufbruchs, ein Gott der Hoffnung, ein Gott der Treue. Unser Gott. Aller Menschen und Völker Gott. Gläubige Frauen und Männer aus acht mitteleuropäischen Ländern um ihn zu versammeln, ist eine gute Idee.

 

Viele stört freilich eine gewisse Einseitigkeit in der Verwirklichung dieser Idee. Man wird in Mariazell genug Kardinalspurpur und Bischofsmützen sehen. Und natürlich auch betendes Volk. Aber wird es auch ein singendes, tanzendes, lachendes - und weinendes Volk sein, aus allen Schichten der Gesellschaft zusammengesetzt, mit allen ihren Hoffnungen und Sorgen beladen? Wird man miteinander reden, Kirchenleben in all seiner bunten Vielfalt sichtbar und hörbar zum Ausdruck bringen, ein Wort zum Weltauftrag der Kirche hören?

 

Zu fürchten ist: nicht wirklich! Lobpreisungen sind vorgesehen, Prozessionen mit der Gnadenstatue, ein Wallfahrtsgottesdienst. Ein bisschen Zeit wird auch für Begegnungen sein, Jugend darf Workshops und das Nachtprogramm gestalten. Was am meisten im Vorfeld der Programmplanung auffiel, war jedoch die Randrolle, die den Laien jedenfalls ursprünglich zugedacht war: als Beter sollten sie willkommen sein, als verantwortlich Handelnde nicht.

 

Vorschläge kirchlicher Laienorganisationen für Einbindung in die Programmplanung stießen auf wenig Gegenliebe in der Hierarchie. Ein der Wallfahrt nunmehr vorgeschalteter Laientag mit gesellschaftspolitischen Akzenten stieß nicht bei allen Bischöfen auf so viel Zustimmung wie beim Erzbischof von Wien. Mit der dringenden Bitte um eine ökumenische Christenveranstaltung blieben die katholischen Laienorganisationen überhaupt auf der Strecke. Die ökumenische Bewegung sei in den Reformstaaten aus dem einstmals kommunistischen Machtbereich eben noch nicht voll ausgereift. Und Laienbeteiligung am Kirchenleben halt auch nicht.

 

Aber wäre das nicht ein doppelter Grund für die Kirchenleitungen der acht Katholikentagsländer gewesen, diese beiden Akzente in den Vordergrund zu stellen, als ein programmatisches Zeichen, eine beispielhafte Pioniertat? Volk Gottes auf Wanderschaft darzustellen müsste doch auch heißen: Bewegung, Veränderung, Erneuerung spürbar zu machen! Darum haben sich die hierarchischen Veranstalter mancher Länder leider wenig bemüht. Und was bisher völlig ausblieb, ist ein konkretes Kirchenwort mitten in unsere Welt hinein.