Das Evangelische Wort

Sonntag, 23. 12. 2001,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr,

 

 

 

von Superintendent Werner Horn (Wien)

 

"Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs, aber das Herz der Gottlosen ist unbarmherzig". (Sprüche 12,10)

 

Am frühen Morgen will ich Ihnen nicht schon den Appetit verderben. Aber die Nachrichten und Schlagzeilen der Zeitungen vor kurzem werden Sie so erschreckt haben wie mich: BSE auch in Österreich.

 

Vielleicht haben wir bisher geglaubt: BSE mag es in Großbritannien geben oder in anderen Ländern, aber niemals bei uns. Einige hätten fast die Hand dafür ins Feuer gelegt, dass es so etwas bei uns nicht geben wird. Und nun eben doch.

 

Mir kommt dabei auch wieder in Erinnerung, dass damals in Großbritannien mehrere hunderttausend Rinder vernichtet worden sind. Ich frage mich, was haben die unschuldigen Tiere getan, dass man sie erbarmungslos ausrotten musste? Und nun mussten auch in Österreich in dem betroffenen Bauernhof 61 Rinder eingeschläfert werden. Und das Ganze droht sich nun zu einem handfesten Fleischskandal auszuweiten.

 

Mir fällt auf, dass die Tiere in der gesamten BSE-Diskussion nur als Objekte vorkommen. Wer denkt an sie als Tiere in ihrer Eigenart und ihrem Lebensrecht? Wie gehen wir mit ihnen um?

 

Unser großer Bedarf an Fleisch und Eiern hat die westliche Welt dazu verführt, die Tiere anders zu halten und zu ernähren, als es ihrer Art entspricht. Rinder sind Pflanzenfresser. Man hat sie zu Kannibalen gemacht und füttert sie mit Mehl aus Tierkadavern. Tote Tiere, meist Schafe, werden gemahlen, erhitzt, getrocknet und an Pflanzenfresser verfüttert. Der Mensch lässt die Rinder nun ihre Artgenossen fressen.

 

Hühner haben Flügel und brauchen einen weiten Raum, wo sie sich ihr Futter aus Körnern und Würmern selber suchen können. Sie werden aber in engsten Käfigen gehalten und mit Mischfutter mit tierischen Anteilen gefüttert. Wen wundert’s, dass die Eier salmonellenverseucht sind und Menschen krank machen?

 

Hat der Mensch hier nicht eine Grenze überschritten, die er nicht überschreiten sollte? Hat er nicht zerstörend in eine natürliche Ordnung eingegriffen? Nun fällt es offenbar auf uns Menschen zurück. Das ist der Fluch der bösen Tat. Warnungen wurden in den Wind geschlagen.

 

Die Weisheit des alten Israel, die in dem Buch der Sprüche in der Bibel zu lesen ist, wusste etwas von Zusammenhang zwischen unserem Gottesverhältnis und unserem Verhalten zu den Tieren. Da heißt es: "Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs, aber das Herz der Gottlosen ist unbarmherzig".

 

Die Christenheit sollte neu nachdenken über unseren Umgang mit den Tieren und zu einer Kehrtwendung in der Tierhaltung verhelfen. Wir wollen niemandem den Appetit verderben, sondern allen zu einer gesunden Nahrung und den Tieren zu einer artgerechten Haltung verhelfen.

 

Auf alten Weihnachtsbildern und in den meisten Weihnachtskrippen sind neben Maria und Josef und dem Kind in der Krippe auch Esel und Rind zu sehen. So, als gehörten die Tiere einfach mit dazu, wenn der Heiland der Welt geboren wird. Die Erlösung, die durch dieses Jesus-Kind für uns geschehen ist, will auch Konsequenzen haben für unsere Einstellung zu unseren Mitgeschöpfen, den Tieren. Man kann es darum auch so sagen: Wer Gott gehorcht, kümmert sich auch um das Wohl der Tiere. Wer Gott missachtet, hat kein Herz für sie. Die biblische Weisheit hat es schon vor Jesu Geburt treffend formuliert:

 

"Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs, aber das Herz der Gottlosen ist unbarmherzig".