Das Evangelische Wort

Sonntag, 30. 12. 2001,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr,

 

 

von Superintendent Mag. Peter Karner

 

"Was der Herr gibt, hat Bestand, er verleiht den Gerechten dauerndes Glück. Mancher wird reich, indem er sich abquält, und dann sagt er: Jetzt will ich in Ruhe essen und von meinen Gütern leben. Aber er weiß nicht, wie wenig Zeit verstreicht, bis er alles einem anderen überlassen muss und stirbt. Darum halte es bei deinem Beruf aus und arbeite bis ins hohe Alter." (Jesus Sirach 11/17 - 20)

 

Schon immer haben die Menschen die Erfahrung gemacht, dass es sehr beschwerlich ist, durch Arbeit und Fleiß einen gewissen Reichtum zu erwerben. Noch dazu, wo doch erfahrungsgemäß die meisten Menschen ein Leben lang brav arbeiten und trotzdem gar keine Chance haben, je dadurch reich zu werden. Zum Glück hat es aber auch immer schon andere - leichtere und angenehmere - Wege zu Glück und Reichtum gegeben. Berichte aus längst vergangener Zeit nennen viele Beispiele dafür. wie Menschen ohne Mühe und Plage unverhofft plötzlich ihr Glück gemacht haben: da stößt jemand auf einen vergrabenen Schatz; da öffnet ein Zwerglein die Tür zu einem Berg voller Edelsteine; da schenkt einem eine gütige Fee einen Zauberring, der jeden Wunsch erfüllt usw. Nur leider - sollen solche wunderbaren Ereignisse eher selten vorgekommen sein, und daher die Zahl der Glückskinder eher klein gehalten haben.

 

Wen wundert es da, dass die Leute schon immer versucht haben, dem Glück auf die Schliche zu kommen, um es manipulieren zu können. Und was noch wichtiger war: das Glück dazuzubringen, endlich verlässlich zu arbeiten und sein Füllhorn regelmäßig auszuschütten.

 

Da aber die Gewerkschaft der Glücksfeen jede Manipulation ihrer Arbeitszeit ablehnt, hat eine so moderne Zeit wie die unsere nicht gezögert, sämtliche Feen durch eine einzige Maschine zu ersetzen. Und diese Maschine bestimmt jeden Sonntag - also auch heute Abend - verlässlich und regelmäßig eine kleine Schar von Glückskindern. Übrigens diese Glückskinder in spe haben nur eine ganz einfache Aufgabe zu lösen, nämlich: aus 45 Zahlen sechs Richtige zu erraten. Das ist so einfach, dass es einige Male pro Jahr nicht einmal alle Österreicher und Österreicherinnen gemeinsam schaffen.

 

Aber das schreckt niemanden ab, im Gegenteil: Ein Großteil unserer Landsleute, auch ein hoher Prozentsatz der österreichischen Christenheit, hofft, heute Abend Millionär zu werden.

 

Was für eine herrliche Zeit: Die längst arbeitslosen Feen werden vor Neid giftgrüngelb. Die Zeiten ihrer feenhaften Freunderlwirtschaft sind vorbei. Das Glück ist demokratisch geworden. Zwar werden auch heute nur einige wenige gewinnen - aber eine Chance haben sie alle gehabt. Man sollte halt - nur man selber natürlich - auch diese Glücksmaschine beeinflussen können. Vielleicht könnte man sich da wieder an die alten Feen wenden? -weniger germanisch eingestellte Zeitgenossen gehen wahrscheinlich eher zur römischen Glücksgöttin Fortuna.

 

Auffällig ist allerdings, dass das alte Bibelwort immer noch seine Nachwirkungen hat: nämlich. dass Gott – scheints - keine Glücksgewinne verteilt, sondern von den Menschenkindern erwartet, dass sie mit Fleiß, Ausdauer und viel Arbeit ihren Wohlstand erwerben. Das ist auch der Grund, warum einige Wagemutige. die Gott um einen Glücksgewinn bitten, ihm im selben Atemzug treuherzig versprechen. sie würden natürlich einen Großteil ihres Gewinns für karitative Zwecke ausgeben. Und die ganz Schlauen setzen natürlich nur biblische Zahlen im Lotto: wie 1 – 4 – 7 - 10 - 12 und 40. Sie wissen schon!

 

1 für den Glauben an den einen Gott. 4 für die vier Evangelisten. 7 für die sieben Seligpreisungen. 10 für die 10 Gebote. 12 für die 12 Apostel. Und 40 für 40 Jahre Wüstenwanderung des Volkes Israel, und weil Christus 40 Tage nach seiner Auferstehung in den Himmel aufgefahren ist.

 

Übrigens, wenn Sie mitschreiben wollen: 1 – 4 – 7 – 10 – 12 – und 40 !

 

Was der Herr gibt, hat Bestand, er verleiht den Gerechten dauerndes Glück. Du aber halte es bei deinem Beruf aus und arbeite bis ins hohe Alter.