Das Evangelische Wort
Sonntag, 07. 07. 2002, 6.55 Uhr - 7.00 Uhr,
von
Superintendent
Manfred Sauer,
Villach, Kärnten
„Denn
was der Mensch sät, das wird er ernten.“ Ga. 6,7b
Martina
Navratilova, 45, spielte 20 Jahre lang unter den besten Fünf der
Weltrangliste Tennis und erreichte immer wieder Platz eins. Von 332
Turniersiegen gelangen ihr neun in Wimbledon, wo sie in diesen Tagen
wieder im Doppel und Mix antritt.
Sie
schreibt: Ich träume von einer Gesellschaft, die vom Herzen regiert
wird statt von Terminkalendern; bei der Entscheidungen aus der Seele
kommen und nicht Rechthaberei entspringen. Ich träume von wahrer
Offenheit, davon, das man sich wirklich die Mühe macht, sich in die
Situation des Nächsten hineinzuversetzen.
Das
klingt wie ein Sommertraum, der auftaucht, wenn der Terminkalender
endlich frei ist und die Seele Zeit hat zum Baumeln? Ein
Sommertraum, der Gestalt bekommt, wenn man auf das weite Meer
hinausblickt und den Gedanken Flügeln wachsen?
Eine
Gesellschaft, die vom Herzen regiert wird: Menschen mit einem weiten
Horizont - umsichtig, einfühlsam, tolerant. Männer, die aufhören,
ihre Frauen zu bedrohen und zu misshandeln. Partnerschaften, die
Zukunft haben. Kinder, die geachtet geschätzt und geliebt werden.
Eltern, die Zeit füreinander und für ihre Kinder haben. Schulen,
die auf das Leben vorbereiten. Lehrer die das Rückrat der Schüler
stärken und es nicht brechen. Machthungrige, die gesättigt sind
und aufhören zu taktieren und den Gegner fertig zu machen.
Menschen, die wahre Offenheit riskieren und bereit sind, sich
wirklich in die Lage des Nächsten hineinzuversetzen.
Solche
Sommerträume sind wichtig. Viel wichtiger und nützlicher als sich
über den Stau auf der Autobahn, das magere Frühstücksbuffet oder
die überzogenen Preise am Urlaubsort zu ärgern und aufzuregen.
Sommerzeit, nicht nur Zeit, um lange zu schlafen und sich ausgiebig
von den Strapazen der Arbeit und des Alltags zu erholen, sonder vor
allem Zeit, nachzudenken, zu träumen.
Zeit
zu sich selbst und zum Andern zu finden. Zeit zum Hören, zum
Schauen, zum Lesen. Zeit um Ruhe zu finden im eigenen Garten oder in
einer kühlen Kirche. Zeit zu finden für ein Gespräch, einen
Gedankenaustausch mit Gott.
Ich
träume davon, schreibt Martina Navratilova weiter, dass Menschen,
die sich lieben, nicht mehr getrennt werden. Veränderung fällt
nicht vom Himmel. Du musst dich selber bewegen, um aus der
Geschichte deiner Familie und deines Landes deine eigene Zukunft zu
modellieren. Das verlangt Kompromissbereitschaft, vielleicht auch
Bescheidenheit. Man darf nicht alles sofort und gleichzeitig wollen,
aber man muss die Schritte gehen, die einen der Wahrheit näher
bringen.
Denn
was der Mensch sät, das wird er ernten,
schreibt Paulus im Brief an die Galater. Das heißt doch: mein Tun
hat Konsequenzen. Es ist nicht alles gleich gültig. Ich kann etwas
verändern, wenn ich dazu bereit bin. Es bleibt nicht alles so wie
es ist, wenn ich bereit bin, mich zu bewegen und zu verändern und
nicht darauf warte, bis es mir in den Schoß fällt.
Doch
nicht nur mein Tun hat Folgen, sondern auch mein Nicht-Tun, mein
Unterlassen und Seinlassen hat Konsequenzen. Wo ich mich nicht
einbringe, da fehlt etwas, da stockt es. Es geht anders weiter, wo
meine Energie fehlt.
Ich
wünsche mir und Ihnen, genauer zu spüren, wo es nötig ist, sich
voll einzusetzen und andererseits aber auch zu erkennen, wo es
wichtig ist, sich zurückzunehmen.
Gott
helfe, dass die Saat der Toleranz, des gegenseitigen Verständnisses,
die Saat der Liebe und des couragierten Handelns aufgeht und Frucht
bringt. Gott gebe es,
dass
Sommerträume wahr werden.
|