Das Evangelische Wort

Sonntag, 25. 05. 2003,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

von Landessuperintendent Peter Karner (Wien)

„Wehe denen, die um Hilfe nach Ägypten ziehen, und sich auf das ägyptische Heer verlassen. Aber auf den Gott Israels schauen sei nicht – und sie suchen ihn nicht. Die Ägypter sind Menschen und nicht Gott. Und ihre Pferde sind Fleisch und nicht Geist.“ (Jesaja 31, 1-3)

 

Für die Zeitgenossen war das eine ärgerliche Rede. Aber wen regt denn heute noch auf, was da vor 2700 Jahren gesagt worden ist. Oder vielleicht doch? „Die Ägypter sind auch nur Menschen“, sagt Jesaja, „und nicht Gott.“ Können wir das heute von allen Völkern sagen? Z.B. „Die Österreicher sind auch nur Menschen.“ Das können wir auf jeden Fall sagen, weil das bekanntlich eine Ausrede ist. Aber geht auch: Die Deutschen sind auch nur Menschen und nicht Gott? Die Amerikaner sind auch nur Menschen und nicht Gott? Die Russen sind nur Menschen und nicht Gott? Ja, das können wir sagen, denn wir haben sie durchschaut und entmythologisiert. Würden das auch die Menschen in der 3. Welt von uns so sagen können? „Die Europäer sind auch nur Menschen und nicht Gott.“ Könnten sie vielleicht über Europäer, und vor allem über die EU-Gesellschaft sagen: „Die Europäer sind auch nur Unmenschen und nicht Gott?“ Keine Angst, die trauen sich das eh nicht, jedenfalls nicht offiziell – sonst sind wir bös’ und spenden nichts mehr.

 

Statt „Ägypter“ in Jesajas berühmten Satz kann man versuchsweise alles einsetzen – z.B. aus der österreichi