Das Evangelische Wort

Sonntag, 22. 06. 2003,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

von Pfarrer Josef Prinz (Linz)

 

Im Johannesevangelium heißt es (14,12): Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und er wird noch größere als diese tun.

 

Im Lotto ist nicht alles möglich. Nur wenige gewinnen. Das Leben aber können alle gewinnen. Im Lotto setzen wir einen Geldbe­trag aufs Spiel, im wirklichen Leben hingegen alles, was wir haben: uns selbst. Und da kommt es eben darauf an, wie sehr wir uns einsetzen.  Elisabeth Kübler Ross hat viele Sterbende, Menschen, die auf ihr Leben zurückblicken, gefragt, was sie in ihrem Leben am meisten bereut haben. Sie hat gefragt, was sie vielleicht anders machen würden, wenn sie heute noch einmal die Möglichkeit zu einer neuerlichen Entscheidung hätten. Die häufigste Antwort war: "Ich würde etwas mehr riskieren in meinem Leben."

 

Noch ist es nicht zu spät: Wir können jeden Tag einen Schritt, einen kleinen Schritt weiter gehen, als wir es gewohnt sind: Wir können uns jeden Tag etwas mehr Mut, etwas mehr Lebendigkeit zutrauen, als wir es von uns gewohnt sind. Nur wir selber wissen, was uns Angst macht. Nur wir selber wissen, was uns Mut macht. Nur wir selber wissen, was wir riskieren müssen, damit unsere Lebendigkeit nicht im Hals oder sonst wo stecken bleibt.

 

Jesus sagt: dein Glaube wird dich unweigerlich zum großen Treffer führen! Bleib in Übung! Du kannst alles gewinnen, was es zu gewinnen gibt. Vertrau Dich Deiner Lebendigkeit an. Lass Dich von Dir selbst über­raschen. Wer sich einsetzt, setzt sich aus, aber wer sich nie ausgesetzt hat, der muss sich mit Ersatz-Risikofreu­den bescheiden. Alles ist möglich, aber nur im wirklichen Leben!

 

Viele Menschen, auch viele Christen, halten Jesu Vorstellungen vom erfüllten Leben, wie sie zum Beispiel in seiner Bergpredigt zum Aus­druck kom­men, für ganz und gar unrealistisch. Jesus sagt: im Glauben ist alles möglich. Urteilen Sie selbst:

 

"Glücklich seid Ihr, wenn Ihr nicht angeben müsst, wenn Ihr nicht mehr aus Euch machen müsst, als ihr seid. Glücklich seid Ihr, wenn Ihr das Leid in Euch nicht verdrängen müsst; dann müsst Ihr auch die leidenden Menschen um Euch herum nicht verdrängen. Glücklich seid Ihr, wenn Ihr denen nicht vertraut, die Gewalt über Euch haben. Am Ende werden sich die durchsetzen, die ganz ohne Ge­walt auskommen. Glücklich seid Ihr, wenn Ihr nie aufhört, von einer besseren Welt zu träumen. Wer nicht mehr träumen kann, dem kann auch nichts mehr in Erfüllung gehen. Glücklich sind die Barmherzigen; nur wer das Mitleid mit anderen Menschen geübt hat, kann am Ende sich selber leiden. Glücklich seid Ihr, wenn Ihr Euch um Frieden bemüht. So werdet Ihr draufkommen, dass nicht der Krieg der Vater aller Dinge ist, son­dern die Liebe. Glücklich seid Ihr, wenn Ihr nicht vom eigenen Vorteil besessen seid. So könnt Ihr menschlichere Verhältnisse schaffen, wo Jede und Jeder willkommen ist, wo kein Mensch zu jung ist, wo Jede und Jeder geachtet wird, wo kein Mensch zu alt ist. Glücklich seid Ihr, wenn Ihr nicht den Weg des geringsten Wider­stan­des geht. Nachhaltig zufrieden macht Euch nur das, was Ihr durch Eure eigene Phantasie, was Ihr durch Euren eigenen Mut und was Ihr mit Eurem eigenen langen Atem erreicht habt."

 

Wie sagt Jesus nach Johannes: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und er wird noch größere als diese tun.